Süddeutsche Zeitung

Berlin:Steuerzahler sponsert Klassenfahrt nach New York

  • Dank einer Leistung des Bundes hat eine Berliner Schulklasse eine mehr als 38 000 Euro teure Reise nach New York gemacht.
  • Der Schulleiter bereut seine Zustimmung mittlerweile, aus der Politik gibt es Kritik.

Mit dem Deutschleistungskurs zu Schiller und Goethe nach Weimar. Oder für ein paar Tage nach Berlin, ein Gymnasiast sollte schließlich mal Hauptstadt und Parlament gesehen haben. Oder vielleicht sogar ein kurzer Sprachtrip für die paar Schüler, die Italienisch als spätbeginnende Fremdsprache gewählt hatten. So sahen Klassenfahrten für die allermeisten Schüler aus - lehrreich, kulturell anspruchsvoll, dabei aber möglichst günstig.

Die ersten beiden Attribute mögen auf die Klassenfahrt des Englischleistungskurses eines Berliner Gymansiums auch zugetroffen haben. Günstig allerdings war der Trip nicht, ganz im Gegenteil. 38 085 hat die einwöchige Reise nach New York gekostet, wie der Tagesspiegel beichtet. Finanziert hat das Ganze der Steuerzahler, und zwar komplett.

Was der Bund leistet

Bildungspaket heißt die zugrundeliegende Leistung, die im Jahr 2011 die damalige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen etabliert hat. Kinder aus sozial schwachen Familien sollten dadurch in Kita und Schule finanziell unterstützt werden. Sei es für Essen, Klassenfahrten, Nachhilfe, Schulbedarf oder Fahrtkosten zur Schule. Auch Mitgliedsbeiträge in Vereinen oder Kosten für Musikschulen übernimmt der Bund im Rahmen des Bildungspakets.

Einen Anspruch auf die Leistung haben laut Arbeitsministerium "Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die Arbeitslosengeld II, Sozialgeld oder Sozialhilfe erhalten oder deren Eltern den Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen. [...] Auch wer Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhält, kann einen Anspruch auf das Bildungspaket haben."

Gedeckelt ist der Auszahlungsbetrag für Schulfahrten zumindest in Berlin grundsätzlich nicht. Dass Klassenreisen gewöhnlich dennoch nicht so teuer werden wie bei den Berliner Gymnasiasten, liegt daran, dass meist in einer Klasse nur ein Teil der Kinder im Rahmen des Bildungspakets Unterstützung erhält. Die Eltern der anderen Kinder, die die Fahrt selbst finanzieren müssen, sehen also zu, dass die Kosten dafür im Rahmen bleiben. In der Berliner Klasse allerdings hatten alle 15 Schüler nach den Regeln des Bildungspakets einen Rechtsanspruch auf die Leistung.

Schulleiter bereut Zustimmung

So kam es, dass Rektor Rainer Völkel plötzlich einen Kostenvoranschlag auf dem Tisch liegen hatte: 2189 Euro für Flug und Unterkunft, 140 Euro für Verpflegung und 210 Euro für Nebenkosten - pro Schüler, versteht sich. Dass er dem zugestimmt hat, sieht er im Gespräch mit dem Tagesspiegel mittlerweile kritisch: "Ich habe einmal nachgegeben, und das war vielleicht einmal zu viel." Es habe kritische Nachfragen aus den Jobcentern gegeben, und mittlerweile auch Kritik aus der Politik.

Sie sei entsetzt, "dass der Schulleiter das genehmigt hat", sagt Regina Kittler von der Linken dem Tagesspiegel zufolge. Hildegard Bentele (CDU) plädiert dafür, derartige Klassenfahrten auf Europa zu beschränken. "Es wird zwingend eine Ausführungsvorschrift gebraucht, in der das geregelt ist", fordert Günter Peiritsch, Vorsitzender des Bezirkselternausschusses Charlottenburg-Wilmersdorf.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2721684
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/mkoh/sks
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.