Süddeutsche Zeitung

Schule:Schülerin wegen Facebook-Eintrags verurteilt

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Vor 20 Jahren wäre die Geschichte ganz anders gelaufen. Da hätte die 14-Jährige ihre nicht allzu hohe Meinung über einen Lehrer auf ein kleines Zettelchen gekritzelt und unter der Bank weitergegeben. Ein paar Mitschüler hätten es gelesen und, wenn sie dabei zu auffällig gekichert hätten, dann wäre es vielleicht dem betroffenen Lehrer in die Hände gefallen. Der hätte kurz getobt und danach eine saftige Strafarbeit ausgesprochen.

Das Problem nur: Eine Schülerin aus Nordrhein-Westfalen hat ihre Ansichten über einen Lehrer nicht nur per stiller Post mit ein paar Klassenkameraden geteilt, sondern per Facebook mit der ganzen Welt. "Behinderter Lehrer ever" (sic!) schrieb sie unter ein Foto des Pädagogen, das sie online postete. Für den Facebook-Eintrag musste sie sich nun vor Gericht verantworten - und wurde verurteilt.

Sie müsse 20 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, sagte ein Sprecher des Amtsgerichts am Dienstag. Das Mädchen habe die Tat gestanden und bedauert. Insgesamt kommt die Schülerin mit dem Urteil noch glimpflich davon. In ähnlichen Fällen waren bereits Schulverweise ausgesprochen worden.

Laut Aussage der Schülerin war ihr Verhalten eine Retourkutsche: Zuvor habe der Lehrer sie und andere Schüler fotografiert und die Bilder auf die Schul-Homepage gestellt. Darüber habe sie sich geärgert und ihrerseits zur Kamera gegriffen. Ob das stimmt, blieb am Dienstag offen: Der Lehrer war nicht als Zeuge geladen.

Der 64-jährige Pädagoge einer Düsseldorfer Förderschule hatte Strafantrag gegen das Mädchen gestellt. Nicht nur der Beleidigung wegen. Auch musste sich die Schülerin wegen Verstoßes gegen die Persönlichkeitsrechte verantworten, weil sie ihren Lehrer ohne dessen Zustimmung fotografiert und das Bild veröffentlicht hatte.

Der Lehrer soll sich übrigens nicht unter den Facebook-Freunden der Schülerin befunden haben. Ihm wurde von dritter Seite angetragen, was die Förderschülerin veröffentlicht hatte.

Was Lehrer und Schüler von dem Fall halten

"Wir finden es richtig, dass ein solcher Fall gerichtlich geklärt wird, denn die Zahl dieser Konflikte nimmt zu", erklärte Udo Beckmann vom Lehrerverband Bildung und Erziehung (VBE) in Dortmund. Viele Lehrer stünden durch Schule oder Schulaufsicht unter Druck, in der Öffentlichkeit nicht darüber zu sprechen, weil das ein schlechtes Licht auf die Schule werfen könnte. "Daher haben wir großen Respekt für den Kollegen, der jetzt vor Gericht gezogen ist. Das erfordert Mut." Schulen sollten intern klare Regelungen verabschieden, in denen festgelegt ist, wie man mit sozialen Medien und dem damit verbundenen Mobbing umgeht.

"Es ist zu hoffen, dass der Richterspruch eine positive Signalwirkung auslöst", sagte Dorothea Schäfer, die Landesvorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW. Lehrer müssten sich nicht beleidigen lassen.

Anders sieht es die Landesschülervertretung: Dass der Lehrer gleich zur Anzeige gegriffen habe, zeuge von einem sehr bedauerlichen konfrontativen Umgang mit Konflikten. "Als ausgebildeter Pädagoge sollte man andere Möglichkeiten finden", teilten die Schülervertreter mit.

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