Schule:Kann es in Parallelklassen gerecht zugehen?

Schule: Noten sollten nicht vom Lehrer abhängen - oder?

Noten sollten nicht vom Lehrer abhängen - oder?

(Foto: Illustration Jessy Asmus für SZ.de)

Ein Lehrer benotet streng, sein Kollege verschenkt die guten Zensuren, fürchten Schüler. Was tun Lehrkräfte, um faire Noten zu gewährleisten?

Von Matthias Kohlmaier

Die Leserfrage

Unterschiedliche Lehrer erwarten unterschiedliche Leistungsniveaus von ihren Schülern. Das führt im Zweifel dazu, dass sich eine Klasse bei einem strengen Lehrer schwer tut, während die Parallelklasse bei einem weniger fordernden Kollegen locker gute Noten bekommt. In höheren Jahgangsstufen kann sich das auf die Abschlussnote auswirken - und damit auf die Chancen auf einen Ausbildungs- oder Studienplatz.

Gibt es irgendwelche Bestrebungen von Seiten der Schulen, dass in Parallelklassen alle Schüler, unabhängig vom Lehrer, möglichst gleich und fair behandelt werden?

Die Antwort

Sie beschreiben eine Situation, die fast jeder Schüler schon erlebt hat: Selbst plagt man sich mit komplexen Lateinübersetzungen ab und rettet gerade so die Note 4, während im Nebenraum viel einfachere Klausuren geschrieben werden und der Lehrer auch noch generös Tipps darüber verteilt, was in der Prüfung wichtig wird.

Grundsätzlich hat sich der Lehrberuf in den vergangenen Jahrzehnten zum Glück weg vom Einzel- und hin zum Teamsport entwickelt. Wo früher jede Lehrkraft für sich allein schalten und walten durfte, gibt es heute vielfältige Absprachen, die Leistungen von Schülern so vergleichbar wie möglich machen sollen. Zwei Lehrkräfte erzählen aus ihrer Unterrichtspraxis:

Physiklehrerin

"Dass Lehrkräfte in Parallelklassen zumindest bei den mündlichen Noten unterschiedlich bewerten, ist kaum zu verhindern. Wir sind ja auch nur Menschen und jeder Kollege hat eigene Vorstellungen. Bei schriftlichen Prüfungen aber versuchen wir an meiner Schule, so fair wie möglich zu sein.

Dafür machen sich zum Beispiel alle Physiklehrer der 9. Klassen Gedanken, welche Aufgabenformen sie in der kommenden Klausur abfragen wollen. Dann kommen wir in einer kleinen Konferenz zusammen und entwicklen die Schulaufgabe gemeinsam, einschließlich Musterlösung und Bepunktung der einzelnen Aufgaben. Damit niemand einen Vorteil hat, wird der Test in allen beteiligten Klassen zur gleichen Zeit geschrieben. Natürlich würde es schneller gehen, wenn ich für meine Klassen die Schulaufgaben alleine erstellen würde. Ich finde aber, dass es für die Schüler nur gerecht zugehen kann, wenn wir Lehrer den Mehraufwand in Kauf nehmen und möglichst eng zusammenarbeiten."

Zensur hängt weniger vom Lehrer ab

Französischlehrer

"In meiner Fachschaft erstellen wir alle Schulaufgaben in Zweier-Teams. Dafür wird zu Schuljahresbeginn festgelegt, wer wann mit wem dran ist. Mit einer Kollegin erstelle ich dann zum Beispiel für die 11. Klassen die kommende Klausur. Unseren Vorschlag mailen wir an die Französischlehrer der restlichen 11. Klassen; sie sollen Feedback geben und Ungenauigkeiten oder Fehler monieren. Entsprechend der Rückmeldungen überarbeiten wir die Schulaufgabe.

Auch wird ein gemeinsamer Erwartungshorizont festgelegt. So kann bei der Korrektur jeder Kollege nachsehen, ob er eine bestimmte Lösung gelten lassen oder dem Schüler Punkte abziehen sollte. Im Idealfall bewerten so alle gleich und für die Schüler hängt die Zensur kaum mehr von der Lehrkraft ab. Wenngleich sie natürlich dafür verantwortlich ist, die Schüler vernünftig auf die Prüfung vorzubereiten. Da wird es zwischen den einzelnen Lehrern immer kleine Unterschiede geben."

Ähnliche Varianten werden an vielen Schulen praktiziert. Sie sehen, es gibt durchaus Bemühungen, Leistungen vergleichbarer zu machen. Gerade weil Noten zum Beispiel kurz vor dem Abitur in die Abschlussnote einfließen und damit darüber mitbestimmen, ob Gymnasiasten den erträumten Studienplatz bekommen oder nicht.

Dass es auch weiterhin Lehrer gibt, die in Sonnenkönig-Manier agieren und von Zusammenarbeit mit Kollegen im Sinne der Fairness für die Schüler nichts wissen wollen, ist dennoch unbestritten. Da bleibt Schülern neben einer möglichen Beschwerde bei der Schulleitung wohl nur folgende Hoffnung: Wer sich durch die schweren Übersetzungen beim strengen Lehrer geackert hat, hat im nächsten Schuljahr einen Vorteil gegenüber den Mitschülern, die bei dem nachlässigeren Kollegen ein leichtes Leben hatten.

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