Süddeutsche Zeitung

Schule:AfD geht gegen Lehrer vor

  • Die Bremer AfD wirft einem Lehrer vor, gegen die Neutralitätspflicht im Unterricht verstoßen zu haben.
  • Die Partei hat eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht.
  • Der Pädagoge soll seine Schüler auf die Webseite "AfD-Watch Bremen" aufmerksam gemacht haben.

Von Paul Munzinger

Der AfD-Landesverband in Bremen hat Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen Lehrer in der Hansestadt eingereicht. Die Partei wirft ihm vor, "die Schüler für seine politische Agenda eingespannt" und damit seine Neutralitätspflicht im Unterricht verletzt zu haben. Eine Sprecherin der Bremer Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) bestätigte die Beschwerde auf Anfrage. Weitere Angaben machte sie nicht, da es sich um eine Personalangelegenheit handle. Die Behörde werde die Beschwerde prüfen, sie liege der Rechtsabteilung vor. Die Sprecherin betonte, Bremen unterstütze Lehrkräfte, die sich im Unterricht kritisch mit tagesaktueller Politik beschäftigten.

Nach AfD-Angaben hat der Lehrer im Unterricht eine Pressemitteilung des Bremer AfD-Stadtteilabgeordneten Marvin Mergard besprochen. Darin wird einer Organisation, die Spenden für Asylbewerber sammelt, Diskriminierung von Deutschen vorgeworfen. In diesem Kontext habe der Lehrer die Schüler auf die Webseite "AfD-Watch Bremen" aufmerksam gemacht, laut AfD ein "linksextremes Denunziationsportal". Damit habe er gegen das Neutralitätsgebot verstoßen. Öffentliche Schulen, so heißt es im Bremer Schulgesetz, hätten religiöse und weltanschauliche Neutralität zu wahren. Mergard wirft dem Lehrer zudem vor, ihn beleidigt zu haben.

Die Grünen-Fraktion in der Bremer Bürgerschaft sieht die Beschwerde als Versuch, Lehrkräfte einzuschüchtern. "Der AfD passt offenbar nicht, dass dabei ihr rechtes Weltbild und ihre perfide Rolle bei der Spaltung der Gesellschaft offenkundig werden", sagte Fraktionschefin Maike Schaefer. Sie sprach von "Methoden, wie sie in totalitären Systemen vorkommen". Die Linksfraktion forderte den Senat auf, betroffene Lehrer zu schützen und Schulen zu politischer Bildung zu ermutigen.

Empörung hatte Ende Mai bereits die Ankündigung der Hamburger AfD-Fraktion ausgelöst, eine "interaktive Plattform gegen Anti-AfD-Hetze in den Schulen" ins Leben zu rufen. Die Seite soll laut AfD über das Neutralitätsgebot informieren sowie Schülern und Eltern Gelegenheit geben, Fälle einseitiger politischer Beeinflussung und Indoktrination vertraulich der Partei zu melden. Ein Sprecher der Hamburger Schulbehörde kritisierte, die Plattform mache Kinder zu Denunzianten. Ilka Hoffmann, Vorstandsmitglied der Lehrergewerkschaft GEW, nannte den Plan "höchst totalitär".

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SZ vom 07.06.2018/mkoh
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