Schülerzahlen:Forscher erwarten "Schüler-Boom"

Schueler waehrend einer Unterrichtsstunde Feature an einer Schule in Goerlitz 03 02 2017 availa

Im Jahr 2025 werden Berechnungen zufolge 8,3 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland in allgemeinbildende Schulen gehen.

(Foto: Florian Gärtner/imago/photothek)
  • Im Jahr 2025 werden einer Studie zufolge 8,3 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland in allgemeinbildende Schulen gehen.
  • Die Studie birgt politische Brisanz, weil viele Bundesländer schon heute mit massivem Lehrermangel zu kämpfen haben.
  • Hauptgrund für den Anstieg der Schülerzahlen sei dem Papier zufolge die "dynamische Geburtenentwicklung".

Von Paul Munzinger

Die Zahl der Schüler in Deutschland wird in den kommenden Jahren deutlich stärker ansteigen als bislang angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Nach Jahren des kontinuierlichen Rückgangs erwarten die Forscher einen "Schüler-Boom": Im Jahr 2025 werden ihren Berechnungen zufolge 8,3 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland in allgemeinbildende Schulen gehen. Das seien 300 000 mehr als 2015 - und mehr als eine Million mehr, als die Kultusministerkonferenz (KMK) in ihrer aktuellsten Prognose aus dem Jahr 2013 annimmt. Diese Entwicklung treffe das Schulsystem daher weitgehend unvorbereitet.

Die Studie birgt politische Brisanz, weil viele Bundesländer schon heute mit massivem Lehrermangel zu kämpfen haben. Den Bedarf zu decken, werde in Zukunft noch schwieriger, prophezeien die Autoren Klaus Klemm und Dirk Zorn. Bis zum Jahr 2025, so ihre Berechnungen, würden allein an Grundschulen mehr als 24 000 zusätzliche Lehrer benötigt. Zeitversetzt erreichten die starken Jahrgänge dann auch etwa Gymnasien, Real- und Gesamtschulen. Auch beim Schulbau gelte es, eine "deutliche Trendwende einzuleiten".

Forscher sehen verhaltenen Beginn eines Trends

Die Gesamtzahl der Schüler in Deutschland, also allgemeinbildende und berufsbildende Schulen zusammengenommen, war nach der Jahrtausendwende jahrelang gefallen - bis zum Jahr 2017. Im März vermeldete das Statistische Bundesamt erstmals einen leichten Anstieg um 0,3 Prozent. Für die Forscher "der verhaltene Beginn eines Trends, der enorm an Fahrt gewinnen wird".

Die Gründe sehen sie einerseits im gestiegenen Zuzug nach Deutschland, wobei die Flüchtlinge nur einen vergleichsweise kleinen Effekt ausmachten. Vorangig aber, so Zorn, ergebe sich der Anstieg der Schülerzahlen aus der "dynamischen Geburtenentwicklung". Seit wenigen Jahren steigt die sogenannte Geburtenziffer wieder, zwar nur leicht, aber offenbar mit weitreichenden Folgen: "Ich war zunächst selbst überrascht, dass eine scheinbar marginale Veränderung bei der Geburtenrate sich so stark auf die Zahl der Schüler auswirkt", sagt Zorn.

Auf die Bundesländer kämen erhebliche Investitionen zu

Zorn und Klemm appellieren daher an die Bundesländer und Kommunen, ihre Prognosen zu überprüfen. Der "Schüler-Boom" werde regional sehr unterschiedlich ausfallen, insbesondere die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen müssten sich auf viele zusätzliche Schüler vorbereiten, ihre Zahl steige bis zum Jahr 2030 in allen Schulformen um nahezu ein Drittel. Auf die Bundesländer kämen erhebliche Investitionen zu: Im Jahr 2030, so die Kalkulation, müssten sie 4,7 Milliarden Euro mehr für Bildung ausgeben als heute.

Allerdings, auch dies geht aus der Prognose hervor, könnte sich der Effekt bald wieder abschwächen. Im Jahr 2030 könnte die Zahl der Grundschüler bereits wieder sinken. Zorn betont deshalb, dass es darum gehe, das Schulsystem insgesamt flexibler, "atmender" zu gestalten, damit es auf Veränderungen nach oben wie nach unten schneller reagieren könne. "Wir brauchen ein besseres Frühwarnsystem für Veränderungen in der demografischen Entwicklung", sagt er.

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