Rüstungsforschung:Ausländische Militärs finanzieren deutsche Wissenschaftler

Kampfjets F-22

Begehrte Technik: Unter anderem die australische Militärforschungsorganisation DSTO hat Millionen in die deutsche Forschung investiert.

(Foto: dpa)

USA, Südkorea, Australien, Großbritannien, Schweiz, Singapur: Mindestens sechs Staaten haben nach Informationen von NDR und SZ deutschen Forschungsinstituten Geld für rüstungsnahe Projekte bezahlt. Das Verteidigungsministerium sieht trotzdem keinen Grund für mehr Transparenz.

Von Johann Osel

Deutsche Forschungsinstitute haben in den vergangenen Jahren Geld von mindestens sechs ausländischen Verteidigungsministerien erhalten. Dies geht aus einer bisher unveröffentlichten Antwort des Bundesbildungsministeriums auf eine Anfrage der Linken hervor, die dem Norddeutschen Rundfunk und der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Demnach sind seit 1998 insgesamt ungefähr zwölf Millionen Dollar aus den Militär-Etats der USA, Südkoreas, Australiens, Großbritanniens, der Schweiz und Singapurs an deutsche Wissenschafter geflossen. Erstmals hatten NDR und SZ vor zwei Monaten im Rahmen des Rechercheprojekts "Der geheime Krieg" darüber berichtet, dass Forscher hierzulande Mittel des Pentagons erhalten. Durch die Auswertung einer US-Datenbank wurden damals Verträge im Wert von zehn Millionen Dollar dokumentiert. Auch wenn die Summen im Vergleich zu sonstigen solchen Drittmitteln eher gering sind, war eine Debatte über Transparenz in den öffentlichen Einrichtungen entstanden.

Wie aus der Antwort der Regierung, die sich auf Institute mit Bundesbeteiligung bezieht, hervorgeht, sind viel mehr Staaten unter den Auftraggebern als bisher bekannt. Auch sind die Summen aus den USA deutlich höher.

Militärisch wie zivil verwendbar

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) konnte vom Pentagon seit 2003 mehrere Aufträge im Gesamtvolumen von fast einer Million Dollar gewinnen. Bisher bestätigte das KIT nur ein mit US-Geldern finanziertes Vorhaben. Die australische Militärforschungsorganisation DSTO etwa zahlte 3,8 Millionen Dollar an das Institut für Raumflugbetrieb und Astronautentraining am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) für die Mitarbeit an einem Hyperschall-Jet. Wissenschaftler des Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin am DLR bezogen mehr als eine halbe Million Dollar der Schweizer Luftwaffe im Rahmen eines Programms für Pilotenanwärter.

Viele der finanzierten Vorhaben bewegen sich im "Dual-Use"-Bereich. Das bedeutet: Die Ergebnisse der Studien sind militärisch wie zivil verwendbar.

Die Frage, wie hoch die Mittel von ausländischen Verteidigungsministerien für die deutsche Wissenschaft insgesamt ausfallen, beantwortete die Regierung mit Verweis auf die Länderhoheit nicht. Das Ministerium erklärte zudem, es sehe keinen weiteren Handlungsbedarf für mehr Transparenz. Eine "generelle Veröffentlichungspflicht" der Drittmittel halte man wegen des "Schutzes von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen" für bedenklich. In manchen Ländern gibt es aber Pläne, Unis zur Dokumentation zu verpflichten, etwa in Baden-Württemberg.

Frage der Transparenz

Der grüne Hochschulexperte Kai Gehring forderte, Bund und Länder müssten vertragliche Eckdaten der Drittmittelforschung offenlegen lassen. Die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Nicole Gohlke, sagte: Es sei "nicht akzeptabel, wenn sich öffentliche Einrichtungen - vollkommen an der Öffentlichkeit und jeglicher Diskussion vorbei - an gesellschaftlich umstrittenen Projekten wie militärischer Forschung beteiligen".

Führende Wissenschaftsvertreter hatten den Vorwurf nach dem Bericht im November abgeblockt. So sagte damals der Chef der Hochschulrektorenkonferenz, Horst Hippler, dem Handelsblatt: "Grundsätzlich gibt es keinen Grund, das Verteidigungsministerium eines mit Deutschland eng verbundenen Staates als Projektträger auszuschließen." Auch sei abzuwägen, "wie viel Transparenz möglich ist, ohne ein Projekt zu gefährden".

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