Süddeutsche Zeitung

Religionsfreiheit:Mehrheit der Deutschen will Kopftuchverbot an Schulen

  • An deutschen Schulen dürfen Schülerinnen generell aus religiösen Gründen Kopftuch tragen.
  • Die Mehrheit der Deutschen sieht das kritisch und würde das Kopftuch im Unterricht gern kategorisch verbieten.

Jeder zweite Bundesbürger würde es begrüßen, wenn für Schülerinnen in Deutschland ein Kopftuchverbot eingeführt würde. Bei einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur erklärten 51 Prozent der Befragten, das Tragen des Kopftuches aus religiösen Gründen sollte in der Schule grundsätzlich verboten sein. 30 Prozent vertraten dagegen in der Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov die Ansicht, das islamische Kopftuch solle weiterhin erlaubt sein. Elf Prozent sprachen sich für die Einführung einer Altersgrenze aus, zum Beispiel ab 16 Jahren.

Für ein generelles Verbot sind vor allem ältere Menschen und Bürger mit hohem Einkommen. Unter den Anhängern der Grünen fanden sich die wenigsten Anhänger eines Verbots (38 Prozent). Der höchste Wert kam von Sympathisanten der AfD (62 Prozent). Doch auch 56 Prozent der Wähler der Unionsparteien würden es gerne sehen, wenn Kopftücher aus den Schulen verbannt würden.

Von den Befragten waren nur etwa 1,8 Prozent muslimischen Glaubens - deutlich weniger als ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung in Deutschland. Verschiedene Statistiken schätzen, dass zwischen drei und fünf Prozent der in Deutschland lebenden Menschen Muslime sind. Von den 36 Muslimen, die das Institut befragte, sprachen sich nur fünf für ein Verbot aus. 23 sagten, das Kopftuch solle für Schülerinnen jeden Alters weiterhin erlaubt sein. Sieben muslimische Umfrage-Teilnehmer waren für die Einführung einer Altersgrenze.

An deutschen Schulen ist das Tragen von Kopftüchern generell erlaubt. Verbote, die von einzelnen Bundesländern oder Schulen in der Vergangenheit ausgesprochen worden waren, hatten vor Gericht keinen Bestand. Der Islamwissenschaftler und Jurist Mathias Rohe von der Universität Erlangen-Nürnberg hält Verbote nicht für den richtigen Weg. Er warnte, dies könne Trotzreaktionen hervorrufen. In der Türkei durften Mädchen in der Schule bis Herbst 2014 keine Kopftücher tragen. Inzwischen ist es ab der 5. Klasse erlaubt.

In einer ähnlichen Umfrage hatte YouGov vergangenes Jahr gefragt, ob es muslimischen Lehrerinnen erlaubt sein sollte, in der Schule ein Kopftuch zu tragen: 54 Prozent der Befragten sprachen sich dagegen aus. Die Bundesländer dürfen ihren Lehrkräften das Tragen eines Kopftuches im Unterricht nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr pauschal verbieten. Eine Lehrerin scheiterte kürzlich vor dem Arbeitsgericht mit ihrer Klage gegen das Kopftuchverbot für Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen in Berlin dennoch.

Über die aktuelle Umfrage

YouGov hatte Ende April bundesweit 2020 Menschen befragt. Die Frage lautete: "An deutschen Schulen ist es erlaubt, dass minderjährige Mädchen jeden Alters aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen. Was ist Ihre Meinung: Sollte es minderjährigen Mädchen jeden Alters - also z. B. auch 12- oder 10-jährigen - weiterhin erlaubt sein, aus religiösen Gründen an der Schule ein Kopftuch zu tragen, oder sollte dies verboten sein?" Die Antwortalternativen: Erlaubt, Verboten, Altersgrenze, Weiß nicht.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2976380
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/mkoh/harl
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.