Reform der Professorengehälter:Zugabe vom Finanzminister

Hochschule Professoren Gehälter Leistungszulage

Durch die Neuregelungen bei den Professoren-Gehältern werden vielerorts Leistungszulagen mit einem höheren Grundgehalt verrechnet.

(Foto: dapd)

Die neue Entlohnung für Professoren bietet weniger Leistungsanreize, nur wenige Länder stocken den Topf für Prämien auf. Ob ein Professor weiter Zulagen bekommt, hängt davon ab, in welchem Bundesland er arbeitet.

Von Roland Preuß

Der moderne Gang nach Canossa führt in diesen Zeiten regelmäßig ins Finanzministerium, das gilt zumindest für Ressortchefs eines Kabinetts. Wer sich als Minister profilieren will, benötigt meist Geld, sonst steht er - um im Bild zu bleiben - nur im letzten Hemd da, wie einst König Heinrich IV. vor Papst Gregor VII. in der Burg Canossa getreten sein soll. Und die Finanzminister dieser Tage sind nicht weniger streng. Sie haben die Schuldenbremse einzuhalten und wachen deshalb über die Landeskasse wie über einen Burgschatz.

Welches Gewand Sabine Kunst beim Gespräch mit ihrem Finanzminister trug, ist nicht überliefert, allerdings das Ergebnis der Verhandlungen. Die parteilose Brandenburger Wissenschaftsministerin und ehemalige Rektorin der Universität Potsdam sicherte sich fast eine Million Euro zusätzlich, um die Mittel für Leistungszulagen an Professoren wieder aufzustocken. Das sei ziemlich genau die Summe, die Kunst für diejenigen Professoren aufbringen muss, die bislang keinen Bonus erhalten.

Leistungszulagen werden mit Grundgehalt verrechnet

Kunst mindert damit die Folgen eines Urteils, die weithin als ungerecht empfunden werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar im Fall eines hessischen Chemie-Professors entschieden, dass knapp 3900 Euro plus 24 Euro Leistungszulage für einen Hochschullehrer der mittleren Gehaltsklasse W 2 zu niedrig sind - weil er so nicht einmal das Niveau eines Gymnasiallehrers erreicht. Seither bereiten die Länder Neuregelungen vor, alle nach dem gleichen Muster: Die Grundgehälter steigen, um den Karlsruher Anforderungen gerecht zu werden (siehe Grafik), doch sie werden ganz oder weitgehend mit den Leistungszulagen verrechnet. Damit halten die Länder die Kosten niedrig. In vielen Fällen bedeutet das: Die Leistungszulagen fallen weg, Professoren, die sich Prämien erarbeitet haben, erhalten wieder genauso viel Geld wie Kollegen, die diese nicht erzielt haben - oder noch nicht, wie zahlreiche neu Berufene. Faktisch wird diese Gruppe am meisten begünstigt.

Hochschulen Professoren Gehalt Leistungszulage
(Foto: SZ-Grafik)

Wie viel Aufregung das neue System hervorruft, bekam Jens Schröter von der Universität Siegen zu spüren. Der Medienwissenschaftler hatte sich kürzlich in der SZ empört über die Reform geäußert. Er hat sich in wenigen Jahren Zulagen über mehr als 1000 Euro im Monat erarbeitet, bekommt nun aber nach dem nordrhein-westfälischen Modell keinen Cent zusätzlich. Die Erhöhung wird komplett verrechnet. Schröter erhielt zustimmende, aber auch erboste Reaktionen, weil seine Aussagen als Schelte von Kollegen ohne Zulagen verstanden wurde. "Tatsächlich freue ich mich für diese Kollegen, die Erhöhung steht ihnen nach dem Urteil ja zu. Das Hauptproblem ist doch, dass die Finanzminister den Topf für Leistungszulagen jetzt nicht mehr auffüllen", sagt Schröter.

Zulagen sind abhängig vom Bundesland

Was letztlich von den Zulagen übrig bleibt, hängt stark vom einzelnen Bundesland ab. Einer Aufstellung des Deutschen Hochschulverbandes (DHV) zufolge wird in den meisten Ländern, die bisher Gesetzentwürfe vorgelegt oder verabschiedet haben, der Bonus vom 1. Januar kommenden Jahres an voll verrechnet. Nur vergleichsweise finanzstarke Länder leisten es sich, die Zuschläge teilweise zu erhalten - mit Ausnahme von Brandenburg. In Bayern dürfen die Professoren die Hälfte ihrer Zulagen behalten, in Sachsen 30 Prozent, in Nordrhein-Westfalen bleiben bis zu 150 Euro übrig - aber nur, wenn der Hochschullehrer maximal 840 Euro extra für seine Leistungen erhält. In Bayern wendet man laut Wissenschaftsministerium 2,5 Millionen Euro zusätzlich auf, damit die Leistungselemente nicht zu lächerlichen Beträgen zusammenschrumpfen. Außerdem zahlt man in Bayern, Hessen und Sachsen wieder höhere Gehälter nach Dienstalter.

Rückkehr zum System der C-Besoldung

Dies ist faktisch eine Rückkehr zum alten System der sogenannten C-Besoldung, wie es bis zum Jahr 2005 gegolten hat. Wer länger auf der Professur ist, bekommt automatisch mehr Geld. Kritiker halten dies für absurd, weil leistungsfeindlich. Bayerns Wissenschaftsministerium argumentiert dagegen mit einer "vorhersehbaren Zukunftsperspektive" für die Professoren sowie den "Erfahrungszuwachs".

Angesichts der fragwürdigen Folgen der Karlsruher Entscheidung wird mittlerweile auch Kritik am Urteil selbst laut. Die Richter hatten das Grundgehalt der A-Besoldung für Beamte, das kaum Leistungsprämien kennt, verglichen mit der W-Besoldung, durch die erstmals bedeutende Zulagen eingeführt wurden - und daraufhin das W-Grundgehalt für zu niedrig empfunden. Nur der Verfassungsrichter Michael Gerhardt stimmte gegen das Urteil, weil er "Anreizelemente" für gerechtfertigt hält. Diese dürfe die Politik so einführen. Die Potsdamer Ministerin Kunst sieht das ähnlich: "Man hat in gewisser Weise Äpfel mit Birnen verglichen."

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