Rechtsberatung von Jurastudenten:Nachwuchs-Anwälte der Armen

Lesezeit: 4 min

Rechtsberatung von Jurastudenten: Idealismus und Kritik an der Juristenausbildung: Maximilian Oehl will in Köln eine Law Clinic für Ausländer- und Asylrecht aufbauen.

Idealismus und Kritik an der Juristenausbildung: Maximilian Oehl will in Köln eine Law Clinic für Ausländer- und Asylrecht aufbauen.

(Foto: Robert Haas)

Mieter, Flüchtlinge, Internet-Geprellte - an immer mehr Hochschulen helfen Jurastudenten Bürgern, die sich keinen Rechtsbeistand leisten können. Davon profitieren auch die angehenden Juristen.

Von Karoline Meta Beisel

Eigentlich müsste er langsam mal in die Pötte kommen. Einen Aufsatz zum neuen Mietrecht lesen, das neueste Urteil zum Widerrufsrecht beim Fitnessstudiovertrag - oder sich fragen, warum die Staatsanwaltschaft Beate Zschäpe als Täterin und nicht nur als Gehilfin der Nazi-Morde anklagt - im Examen könnte das alles drankommen. In einem Jahr macht Jurastudent Maximilian Oehl das Erste Staatsexamen. Seine Kommilitonen fangen jetzt an zu lernen, aber der 24-Jährige kümmert sich lieber um sein neues Hobby: Er will in Köln eine Law Clinic für Ausländer- und Asylrecht aufbauen.

Law Clinics sind eine Erfindung aus den USA, auch in Deutschland gibt es immer mehr davon. Das Prinzip ist simpel: Jurastudenten dürfen noch nicht wie ein Anwalt Fälle übernehmen. Bedürftige können sich oft keinen Anwalt leisten. Also beraten Studenten Bedürftige. In den USA sind die Law Clinics fester Teil des Curriculums, die Teilnahme fließt ins Studium ein. In Deutschland sind sie fast noch ein Fremdkörper im System.

Dass Nicht-Anwälte juristische Beratung leisten, war in Deutschland bis 2008 weitgehend verboten. Die Nazis hatten per Gesetz festgelegt, dass das niemand ohne Anwaltszulassung darf - damit hinderten sie jüdische Juristen an der Berufsausübung. Erst 2008 wurde dieses Gesetz durch das Rechtsdienstleistungsgesetz ersetzt. Seitdem dürfen Studenten schon vor Ende ihrer Ausbildung in gewissen Grenzen tätig werden.

"Ich fand die Idee cool"

Maximilian Oehl hatte gezielt nach einem Weg gesucht, sich innerhalb dieser Grenzen zu engagieren: "Ich fand die Idee cool und habe mich gefragt, was ich als Jurastudent machen kann." Im Internet war er auf die Law Clinics gestoßen. Über E-Mail-Verteiler lud er andere Interessierte ein, und beim ersten Treffen im Februar waren sie schon ein gutes Dutzend Leute. Als Nächstes wollen sie einen Verein gründen; Maximilian Oehl muss jetzt erstmal herausfinden, was man in so eine Satzung schreibt. Einen Namen haben sie aber schon: "Refugee Law Clinic Cologne" - so ähnlich wie das bekannteste deutsche Projekt dieser Art aus Gießen.

Die "Refugee Law Clinic" der Universität Gießen hat gerade ihren fünften Geburtstag gefeiert, für die Kölner ist sie ein Vorbild. Die Gießener werden stets genannt, wenn es um Law Clinics geht. Derzeit arbeiten dort zwölf Studenten mit: Sie beraten Flüchtlinge und Asylsuchende aus einer Erstaufnahmeeinrichtung, meistens Menschen, die vom Asylverfahren keine Ahnung haben. Als Übersetzer springen mehrsprachig aufgewachsene Studenten ein, alles ehrenamtlich. Die größere Herausforderung ist, dass die Studenten das Asylrecht selber erst mal durchdringen müssen - an den meisten Unis wird das Thema bestenfalls als Wahlfach gelehrt.

Die dreistufige Vorbereitung ist anspruchsvoll, schließlich sollen die Hilfesuchenden von dem Angebot der Studenten wirklich profitieren und nicht als Versuchskaninchen herhalten. Wer mitmachen will, muss im Wintersemester eine Theorie-Vorlesung besuchen, in den Ferien als Praktikant etwa in einer Asylrechtskanzlei mitarbeiten und im Sommersemester noch an einer praktischen Übung teilnehmen. Selber beraten dürfen die Studenten erst danach. Jana Gieseking ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Gießener Uni und für die Koordination der Law Clinic zuständig. Sie sagt: "Wer hier nur für den Lebenslauf mitmacht, der kommt gar nicht so weit."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema