Süddeutsche Zeitung

Prozess um Entzug der Doktorwürde:Ex-Ministerin Schavan kämpft um ihren Doktortitel

Für Annette Schavan ist ihre unter Plagiatsverdacht stehende Doktorarbeit "mehr als eine Dissertation". Vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf will sie beweisen, dass ihr der akademische Grad unrechtmäßig entzogen wurde. Noch heute könnte ein Urteil fallen - zu Ende ist die Causa Schavan damit wohl nicht.

Annette Schavan hat viel verloren im vergangenen Jahr: ihren Doktortitel, ihren Ministerposten und damit ihre politische Karriere, die bis dahin 25 Jahre andauerte. Nicht zuletzt hat der Plagiatsskandal um ihre 1980 verfasste Dissertation "Person und Gewissen - Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung" ihren Ruf stark beschädigt. Annette Schavan war Bildungsministerin - da wiegt ein wissenschaftliches Vergehen besonders schwer. Um ihr Ansehen kämpft die CDU-Politikerin jetzt gerichtlich.

An diesem Donnerstag wird im Düsseldorfer Verwaltungsgericht, Sitzungssaal III, über die Aberkennung ihres akademischen Grades verhandelt. Annette Schavan tritt im Prozess als Klägerin auf, ist aber nicht persönlich anwesend. Ihre Anwälte wollen beweisen, dass das Verfahren der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, das im Februar 2013 zum Titelentzug führte, "fehlerhaft zustande gekommen" und "materiell rechtswidrig" ist. So sei die Vertraulichkeit mehrfach durch "selektive Information der Öffentlichkeit verletzt" worden.

Die Uni Düsseldorf hatte Schavan bei ihrer Promotionsarbeit vorsätzliche Täuschung nachgewiesen; sie habe aus der Sekundärliteratur abgeschrieben, ohne dies kenntlich zu machen. Die Ex-Ministerin hatte sich gegen diese Anschuldigung, die zuerst von einem anonymen Plagiatsjäger im Netz aufgebracht worden war, stets verwehrt: Ihr seien Flüchtigkeitsfehler unterlaufen, aber von Vorsatz könne keine Rede sein.

Beweisanträge verzögern Prozessverlauf

Am Morgen stellten Schavans Anwälte zwei Beweisanträge: Sie wollten den Doktorvater ihrer Mandantin als Zeugen laden und durch das Gericht ein neues Gutachten zur Zitierweise in den 80er Jahren einholen lassen. Die Vorsitzende Richterin lehnte die Anträge jedoch als unerheblich ab.

Der Plagiatsskandal und die Folgen haben die 58-Jährige nachhaltig getroffen, wie sie jüngst in einem Interview bekräftigte. Der Zeitung Sonntag Aktuell sagte Schavan: "Natürlich darf das Ganze nicht zu tiefen Raum in meinem Leben einnehmen. Ich muss das auf Distanz halten, aber an meiner Betroffenheit im Innersten hat sich nichts geändert." Was geschehen sei, "schadet nicht nur mir, sondern auch der Wissenschaft".

Von dem Prozess verspricht sich Schavan die Wiederherstellung vor allem ihrer wissenschaftlichen Ehre. "Es ist mehr als eine Dissertation", sagte sie Zeit online in Bezug auf ihre Arbeit, für die sie seinerzeit das Prädikat "sehr gut" erhielt. "Das Thema hat mich geprägt - ein Leben lang." Sie sei es "der Wissenschaft schuldig", den Kampf um ihren verlorenen Doktortitel zu führen.

Schavan hatte unmittelbar nach der Entscheidung ihrer Alma Mater Widerspruch eingelegt und Klage beim Düsseldorfer Verwaltungsgericht eingereicht. Damit ist der Beschluss der Uni bis heute nicht rechtskräftig. Die Ex-Ministerin dürfte ihren Doktortitel von Rechts wegen nach wie vor tragen, verzichtet darauf aber. Sollte sie vor Gericht recht bekommen, wäre das Aberkennungverfahren nichtig - das Gericht würde Schavan indirekt ihre akademische Würde zurückgeben. Allerdings könnte die Hochschule dann abermals ein Aberkennungsverfahren einleiten, erklärt Rechtsanwalt Philipp Verenkotte.

Schavans Chancen indes stehen Experten zufolge nicht gut. In vergleichbaren Verfahren haben Gerichte in der Vergangenheit meist den Hochschulen recht gegeben. "Der statistische Wert spricht gegen Frau Schavan", sagt Verfahrensrechtsspezialist Verenkotte. Dies sei aber keine Besonderheit des Promotionsrechts, Gerichte urteilten generell selten gegen Verwaltungen. Die engagierte Katholikin Schavan, die demnächst als deutsche Botschafterin in den Vatikan gehen soll, hat bereits angedeutet, im Falle einer Niederlage den Weg durch die Instanzen gehen zu wollen.

Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht wird voraussichtlich noch am Donnerstag ein Urteil fällen.

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