Süddeutsche Zeitung

Porträt:"Wenn mich was beschäftigt, schreibe ich ein Lied darüber"

Der Musiker Luke Mountain will explizit nicht von seiner Leidenschaft leben, der Musik - das Publikum weiß er trotzdem zu verzaubern.

Von Maximilian Gerl

Wie er zur Musik kam, daran kann sich der Musiker Luke Mountain noch genau erinnern. Er sei damals in der dritten Klasse gewesen, erzählt der heute 23-Jährige am Telefon: Unbedingt habe er Gitarre lernen wollen. Luke Mountain lacht. "Also habe ich meine Eltern so lange genervt, bis es geklappt hat." Schön sei das zunächst nicht immer anzuhören gewesen, wie er da vor sich hin probiert habe. Aber nach und nach sei es besser geworden, irgendwann habe er dann seinen ersten Song geschrieben. Worum es darin ging? "Eine Reise um den Globus", sagt Mountain. "Was man halt so schreibt als Zwölfjähriger."

Rückblickend allerdings könnte dieses Thema recht passend gewählt gewesen sein. Denn das Songschreiben hat Mountain von da an nicht mehr losgelassen. Zwei Alben sind so bislang entstanden - und Songs, die das Publikum auf kleine und große Reisen entführen können, mal hinaus ins weite Rund, mal hinein in die enge Gefühlswelt. Ein Zauber, für den Mountain nur Gitarre und Mikro benötigt. Er selbst formuliert das alles natürlich viel bescheidener. Songschreiben sei für ihn wie Tagebuchführen, sagt er. "Wenn mich was beschäftigt, schreibe ich ein Lied darüber."

Mountain kommt aus Tauberfeld im Landkreis Eichstätt, eigentlich heißt er Lukas Rosskopf. Ein Zwei-Meter-Riese mit Gitarre. Und Rosskopf heißen viele Berge in den Alpen, der Künstlername Mountain lag da nahe. Anfangs mag er etwas zurückhaltend klingen; aber sobald es um Musik geht, spürt man Begeisterung förmlich durch den Hörer brennen. Am besten lässt sich Mountain als Singer-Songwriter beschreiben, der mal Bairisch, mal Englisch Akustik-Folk singt. Auf Englisch habe man ein bisschen mehr Freiheit, Botschaften bewusst offen zu lassen, sagt er dazu. Bairisch dagegen sei einfach "eine geile kulturelle Sprache", mit der sich auch Tiefgründiges schön vertonen ließe - siehe Rapper wie Liquid und Dicht Und Ergreifend. Als seine ganz großen Idole nennt Mountain die Band Mumford & Sons, den Folk-Rocker John Butler - an der Gitarre "ein Meister vor dem Herrn" - sowie Jeremy Loops, ein Vorbild in Sachen Loops. Dabei werden am Computer mehrere Soundschleifen zu einem Song übereinandergelegt.

Songschreiben bleibt ein Nebenjob

Sein bislang größter Auftritt führte Mountain 2019 in den Münchner Circus Krone. Der Keller Steff, ein musikalischer Tausendsassa, hatte Mountain als Gastmusiker eingeladen. 2000 Leute im Publikum, ein Wahnsinn. Die meisten Auftritte absolviert Mountain vor deutlich weniger Menschen - oder wie beim Blattmacher-Wettbewerb auch vor gar keinen. Ganz allein im leeren Foyer der SZ stand er da, um für den Preisverleihungsfilm ein paar Songs zu spielen - darunter einen eigens komponierten Corona-Song, eine Durchhalte-Zamhalte-Hymne. Aber so ganz ohne Publikum, "das war schon komisch", sagt er. Trotzdem sei der Dreh eine spannende Sache gewesen, "ich bin davor noch nie so professionell gefilmt worden".

Tatsächlich, man mag es angesichts seiner Lieder kaum glauben: Das Songschreiben ist und bleibt für Mountain ein Nebenjob, ein sehr schöner zwar, aber eben nicht der einzige. Seine Begründung: Gerade weil Musik seine größte Leidenschaft sei, wolle er sie nicht zur Pflicht machen. Eine Entscheidung, die sich für ihn in der Corona-Krise im wahrsten Sinne auszahlt. Während hauptberufliche Musiker damit kämpfen, dass ihre Gigs ausfallen und niemand weiß, wann es zurück auf die Bühne geht, hat Mountain noch sein Einkommen als Cloud Engineer in der Autoindustrie. Vereinfacht kümmert sich ein "Cloud-Ingenieur" um alles, was mit Clouds zu tun hat, vom Programmieren solcher Netzwerke und Plattformen über deren Management bis hin zur Wartung. Ziemlich technisch also und auf den ersten Blick etwas völlig anderes als Musik. Auf den zweiten sind die Unterschiede gar nicht so groß. Auch beim Programmieren könne man unglaublich kreativ werden, sagt Mountain, meistens gebe es viele Wege, um eine Herausforderung zu lösen. Das Technikverständnis kommt ihm außerdem beim Musikmachen entgegen: In seinem Keller hat er sich ein kleines Studio eingerichtet, so wie man es sich vorstellt, mit Eierkartons an der Wand. Dort hat Mountain seine Alben alleine produziert und später auf Youtube und Spotify hochgeladen.

Ein Musiker, der codet und explizit nicht von seiner Musik leben will - was rät so jemand all jenen, die es ebenfalls in die Musik zieht? Vielleicht: nicht vorschnell aufzugeben. "Einsatz zahlt sich immer aus", sagt Mountain. "Übung macht den Meister." Stimmt: Auch Gitarren, die anfangs schräg klingen, können am Ende verzaubern. Luke Mountains Karriere ist dafür das beste Beispiel.

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