CSU-Generalsekretär Scheuer:Falscher Bindestrich als Indiz

Einer seiner Vorgänger war Großplagiator zu Guttenberg. Nun soll auch der aktuelle CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer in seiner Doktorarbeit abgeschrieben haben - zumindest ein bisschen. Wir dokumentieren die heiklen Stellen.

Von Roland Preuß

Vielleicht hatte es Andreas Scheuer ja nicht mehr so in Erinnerung, wie es damals war, mit dem Franz Josef Strauß. Scheuer, Jahrgang 1974, war gerade 14 Jahre geworden, als der Übervater der Christsozialen 1988 starb. Jedenfalls hat er noch mal nachgeschlagen, bei der Bundeszentrale für politische Bildung, eine gute Quelle, wo es ja schwarz auf weiß steht: "Politische Arbeit und Erfolge dieser Partei sind untrennbar mit dem Namen Franz-Josef Strauß verbunden." Eine fast wortgleiche Formulierung findet sich auf Seite 19 seiner Doktorarbeit wieder (hier eine nicht ganz vollständige Dokumentation der Dissertation), übrigens auch mit der falschen Bindestrich-Schreibweise von Franz Josef. Solche übernommenen Fehler sind ein klares Indiz fürs Abschreiben.

Zu der alten Geschichte mit dem Doktortitel von der Universität Prag sind am Freitag noch weitere, gefährlichere Vorwürfe hinzugekommen: Scheuer soll für seine Dissertation von 2004 plagiiert haben. Und das als einer der Nachfolger des Großplagiators Karl-Theodor zu Guttenberg im Amt des Generalsekretärs. Sollte Scheuer des Plagiats überführt werden, wäre schwer zu erklären, warum er bleiben dürfte, wenn Guttenberg zurücktreten musste.

Auch die Plagiatsvorwürfe gegen Scheuer sind genau besehen nicht neu, sie sind bisher nur nicht an die Öffentlichkeit gedrungen. Passauer Studenten hatten sich schon vor zwei Jahren die Dissertation vorgenommen und kritische Stellen gefunden, darunter die Parallele zum Papier der Bundeszentrale für politische Bildung. Mehr allerdings auch nicht. Die Ergebnisse sind unter UniPlag Wiki im Netz zu finden. Irgendwann stellten die Nachwuchswissenschaftler die Suche dann ein.

Zu schlecht, um in Bayern zu promovieren

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer

Andreas Scheuer hat angekündigt, seinen umstrittenen Doktortitel künftig nicht mehr zu führen.

(Foto: dpa)

Scheuer hatte die 294 Seiten dicke Arbeit mit dem Titel "Die politische Kommunikation der CSU im System Bayerns" am Lehrstuhl für Politologie an der Karlsuniversität Prag eingereicht. Seine Magisterarbeit soll mit der Note drei zu schlecht gewesen sein, um in Bayern zu promovieren. Also gewann er den Dozenten Rudolf Kučera als Doktorvater, der seine Arbeit auf Deutsch annahm.

UniPlag Wiki listet insgesamt fünf Seiten auf, auf denen der CSU-Politiker fremde Texte unsauber übernommen haben soll. Einige davon sind allerdings sehr kleinteilig - oder die Kritik fragwürdig. So übernimmt Scheuer die Definition von Politik aus einem Lexikon, ohne dies zu kennzeichnen. Die Frage ist, ob man solche Binsenweisheiten tatsächlich belegt haben muss.

Gravierender ist dagegen ein Absatz samt Fußnote auf Seite 160, wo sich Scheuer weitgehend wortgleich aus einer Wandzeitung "Gesellschaft und Staat" der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildung bedient hat. Mit deren unfreiwilliger Hilfe referiert er über Volksentscheide im Land und warum auch hier Bayern vorne dran ist. Es finden sich klare Indizien fürs Abschreiben: Die Textstellen sind leicht umformuliert, ein gängiges Mittel, um die Herkunft zu verschleiern.

"Das ist eindeutig abgeschrieben", sagt der Plagiatsexperte und Münchner Juraprofessor Volker Rieble. Allerdings sei die Zahl der Fundstellen und der Umfang der übernommenen Texte gering. "Das reicht nicht, um von einer plagiatorischen Arbeitsweise zu sprechen." Es geht bisher nur um einzelne übernommene Stellen, die ganze Arbeit lässt sich aber nicht als Plagiat brandmarken.

Dass mal an wenigen Stellen die Fußnote fehle, könne durchaus passieren, sagt Rieble, der in Plagiatsfragen für strenge Maßstäbe bekannt ist. "Acht bis zehn Stellen von dieser Qualität, dann ist er geliefert", sagt der Professor mit Blick auf die Passage über Volksentscheide. Gerichte haben Doktortitel bereits aberkannt, auch wenn nur einige wenige Seiten abgeschrieben waren.

Eigene Thesen fehlen

Dass Scheuer sich bei Material für die politische Bildung von Lehrern und Schülern bedient hat, lässt schon etwas vom Niveau der Arbeit ahnen. Scheuer nähert sich grob gesagt mit Hilfe der politischen Ökonomie der Frage, warum die CSU so erfolgreich ist und was ihr Auftreten in einer veränderten Gesellschaft damit zu tun hat. Nach einem zigseitigen Streifzug durch die CSU-Erfolgsgeschichte und allerlei politikwissenschaftliche Erklärungsmodelle franst die Arbeit am Ende aus. Klar formulierte Thesen sucht der Leser vergebens.

So lernt man im Schlusskapitel, dass Parteien anders als Unternehmen weder Gewinne erwirtschaften, noch diese an ihre Mitglieder ausschütten. Vielmehr beruhe die Wählerbindung auf einem Reputationssystem, sprich dem Ruf der Partei und deren Innovationen. Die Ergebnisse stehen durchaus im Verhältnis zum Titel "kleiner Doktor", den Scheuer in Prag erworben hat. Dieser entspricht nach der Einstufung der meisten Bundesländer ohnehin eher einem Master-Abschluss als einer heimischen Dissertation.

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