Süddeutsche Zeitung

Plagiatsverdacht beim Verlag C.H. Beck:Wendepunkte der Weltgeschichte aus Wikipedia kopiert

Auf dem Gebiet des historischen Sachbuchs gilt der Verlag C.H. Beck als das mit Abstand führende Haus. Doch jetzt ist das Renommee bedroht: Ein Buch über Seeschlachten soll teilweise aus Wikipedia abgeschrieben sein.

Von Stephan Speicher

Gibt es einen neuen Plagiatsfall, diesmal nicht bei einer Politiker-Dissertation, sondern bei einem Buch eines der renommiertesten deutschen Wissenschaftsverlage? Auf Facebook sind die Historiker Arne Karsten und Olaf B. Rader jedenfalls in den Verdacht geraten, ihr jüngstes Buch, "Große Seeschlachten. Wendepunkte der Weltgeschichte" (C.H.Beck) weitgehend im Internet abgeschrieben zu haben. Am Ostermontag stellte ein Mann namens Arne Janning die Behauptung auf: "Dieses Buch ist vollständig aus Wikipedia-Einträgen zusammenkopiert."

Es folgen zwei Fälle. Im Kapitel über die Schlacht bei Salamis geht es unter anderem um die Schnelligkeiten der griechischen Trieren, hier hätten die Autoren zwei Sätze fast wörtlich aus dem Wikipedia-Artikel "Rumpfgeschwindigkeit" übernommen, ohne es nachzuweisen. Im zweiten Fall geht es um das amerikanische Schlachtschiff Iowa. Auch hier sei stillschweigend der einschlägige Wikipedia-Artikel benutzt worden.

Dass zumindest in einzelnen Fällen nicht korrekt zitiert wurde, darf wohl als sicher gelten. Der Verlag C.H. Beck, der auf dem Gebiet des historischen Sachbuchs als das mit Abstand führende Haus gelten darf, konnte eine Stellungnahme noch nicht abgeben, man sei dabei, dem Fall nachzugehen. Olaf B. Rader gestand im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung ein, es könne in einzelnen Fällen zu Fehlern gekommen sein. In technischen Fragen habe er Datenlisten angelegt, auch mithilfe von Wikipedia-Einträgen, und die Fundstellen nicht festgehalten.

Bemerkenswerte Diskussion bei Facebook

Bei Facebook kam es zu einer bemerkenswerten Diskussion. Kathrin Passig etwa, die mit Essays über das Internet bekannt wurde, stimmt Janning zu. Sie habe in Raders Buch über Friedrich II. festgestellt, dass der Abschnitt über die Falkenjagd sich nachweislos auf Wikipedia stütze. Wie oft die Autoren sich Ähnliches erlaubten, wird man in den nächsten Tagen sehen.

Karsten ist Juniorprofessor in Wuppertal, Rader arbeitet an der Berlin-Bandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Beide haben nicht zum ersten Mal bei Beck veröffentlicht. Ob für ihr Buch Geld der Deutschen Forschungsgemeinschaft verwendet wurde, wie Janning behauptet, ist noch unklar. Die DFG hat eine Prüfung eingeleitet.

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SZ vom 24.04.2014/jobr
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