Pisa-Studie:Auch arme Schüler müssen im reichen Deutschland Chancen bekommen

Schule: Lesen im Unterricht

Ein reiches Land wie Deutschland darf in der Bildung keine Kinder zurücklassen.

(Foto: dpa)

In puncto Chancengerechtigkeit an den Schulen liegt Deutschland unter dem OECD-Durchschnitt. Dabei ist der Zusammenhang zwischen Herkunft und Bildung kein Naturgesetz.

Kommentar von Paul Munzinger

Schulen, in denen der soziale Hintergrund der Kinder und Jugendlichen keine Rolle spielt, sind eine Illusion. Doch das Bildungssystem eines reichen Landes wie Deutschland muss den Anspruch haben, den Einfluss des Elternhauses auf die Bildung der Schüler so weit wie möglich abzufedern. Es geht um gleiche, um gerechte Chancen für alle, und dies wird umso wichtiger, je ungleicher die materiellen und kulturellen Bedingungen werden, unter denen junge Menschen heute aufwachsen.

Die OECD hat nun in einer Studie untersucht, wie sich diese Chancen verbessern lassen. Wie sich, ganz konkret, der Teufelskreis aus schlechten Voraussetzungen und schlechter Bildung durchbrechen lässt. Ein wichtiges Unterfangen - gerade weil die selbsterklärte Bildungsrepublik Deutschland in dieser Frage noch immer ein klägliches Bild abgibt. Daran ändern auch die Fortschritte nur wenig, die in den letzten Jahren erreicht wurden. Was die Chancengerechtigkeit angeht, bleibt Deutschland unter dem Schnitt der OECD-Staaten.

Kein leeres Versprechen

Inhaltlich enthält die Untersuchung keine Sensationen. Wie frühere Untersuchungen auch hebt sie den Wert des gemeinsamen Lernens sozial begünstigter und benachteiligter Jugendlicher hervor, sie preist die Idee der Ganztagsschule, um den Zusammenhalt von Schülern und Lehrern zu stärken. Manches ist geradezu trivial, wie die Erkenntnis, dass Schüler aus sogenannten bildungsfernen Familien davon profitieren, wenn sie an ihren Schulen frei von Störungen aller Art arbeiten können.

Wichtiger als die Ergebnisse ist daher die Botschaft der Studie selbst: Der viel zu enge Zusammenhang zwischen Herkunft und Bildung in Deutschland ist kein Naturgesetz. Man kann und man sollte daran rütteln, um auch Schülern mit schlechten Voraussetzungen das Gefühl zu vermitteln, mitgenommen zu werden. Dafür gibt es vielfältige Wege, von denen die Studie nur einige anschneidet. Zu ergänzen wäre etwa die Entlastung von Lehrern, damit diese umso mehr Zeit haben, sich mit jedem einzelnen Schüler zu beschäftigen. Das Versprechen auf Aufstieg durch Bildung darf kein leeres Versprechen sein.

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