Pisa-Studie:Gegen Schulsorgen hilft reden

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Jeder zweite 15-Jährige hat Angst vor schwierigen Tests und schlechten Noten, vor allem Mädchen. Wenn Eltern häufiger mit ihnen reden, sind sie grundsätzlich zufriedener mit sich und ihrem Leben.

(Foto: imago/Westend61)

Schüler müssen keine besonderen Leistungen erbringen, um in der Schule glücklich zu werden. Lehrer und Eltern können leicht dabei helfen.

Von Susanne Klein

Das sei der "spannendste Pisa-Report bisher", sagt der Bildungsforscher Andreas Schleicher. Vermutlich muss er es so ausdrücken, immerhin ist er als "Mr. Pisa" bekannt und für die Studie weltweit zuständig. Und tatsächlich ist dieser Report zumindest: anders. Denn erstmals seit dem Start im Jahr 2000 hat Pisa nicht nur untersucht, wie gut 15-Jährige rechnen, lesen und naturwissenschaftliche Sachverhalte begreifen können. Diesmal wollten die Tester auch wissen, wie sich die Schüler fühlen. Wie zufrieden sind die Mädchen und Jungen? Was hilft ihnen beim Lernen, was behindert sie?

Das Gute zuerst: In Deutschland ist die Mehrheit der Schüler mit ihrem Leben zufrieden oder sehr zufrieden. Sie verorten sich auf einer Skala von 0 bis 10 bei durchschnittlich 7,4. Das übertrifft leicht den Mittelwert der OECD-Länder (7,3). Deutsche 15-Jährige sind also im Großen und Ganzen mit ihrem schulischen Dasein ziemlich einverstanden.

Insgesamt machten 540 000 Schüler aus 35 OECD-Ländern und 33 weiteren Nationen mit, darunter 10 000 deutsche - dieselben, die schon bei der im Dezember veröffentlichten Leistungsstudie dabei waren. Aber sie brüteten eben nicht nur über Aufgaben, sondern bewerteten auch ihr Wohlbefinden. 9 bis 10 auf der Skala bedeutet "sehr zufrieden", Werte unter 4 stehen für "unzufrieden", dazwischen liegen "zufrieden" und "eher nicht zufrieden". Zudem äußerten sich die Jugendlichen über ihre Sorgen und Ängste, ihr Verhältnis zu Mitschülern, Lehrern und Eltern und über ihre Freizeit. Ein Jahr lang wurde die Datenflut ausgewertet - und das Resultat dann diesen Mittwoch in Berlin präsentiert.

Lebenszufriedenheit und Schulleistung

Haben Länder mit hohem Schulniveau zufriedenere Schüler als leistungsschwächere Länder? Oder ist es umgekehrt? Der Pisa-Report verweigerte einfache Antworten. In Korea, Hongkong und Japan können die Jugendlichen auf ihre Noten stolz sein, stufen ihr Wohlbefinden aber niedrig ein. In Finnland und Estland leisten die Teenager auch sehr viel, sind aber viel zufriedener. Deutschland liegt beim Befinden gleichauf mit den USA und Luxemburg, hat aber bessere Pisa-Noten. Doppelt schlecht schneidet die Türkei ab. Dort sind die Leistungen weit unterdurchschnittlich und knapp 30 Prozent der Schüler mit ihrem Leben unzufrieden - in Deutschland und anderen Ländern sehen das nur zehn bis zwölf Prozent so. Die Erkenntnis: Gute Leistungen bedingen zwar keine hohe Zufriedenheit, schließen sie aber auch nicht aus. Beide Seiten lassen sich verknüpfen - wenn noch einige andere Faktoren stimmen.

Einfluss sozialer Faktoren

75 Prozent der deutschen Schüler fühlen sich in der Schule dazugehörig und haben auch in ihrer Freizeit Kontakt zu Freunden - etwas mehr als im OECD-Schnitt. Dennoch hat das Gefühl sozialer Isolation zugenommen. 2003 stimmten dem Satz "In der Schule finde ich leicht Freunde" knapp 90 Prozent zu, heute sind es noch 78. Wer sich als Außenseiter wahrnimmt, hat ein dreifach erhöhtes Risiko, mit dem Leben unglücklich zu sein als gut integrierte Schüler. "Sehr zufrieden" sind im Übrigen mehr Jungen, bei den weniger Zufriedenen überwiegen die Mädchen. Diese Differenz ist in Deutschland besonders ausgeprägt. Mädchen fühlen sich hier in der Schule weniger verstanden und unterstützt, ob fachlich oder sozial. Mit diesem Resultat werden sich Lehrer befassen müssen.

Weniger ausgeprägt ist der Wettbewerb unter deutschen Schülern, vor allem in Relation zu England oder den USA. Den Satz "Ich will einer der besten in meiner Klasse sein" unterschreiben nur gut 40 Prozent, 20 Prozent weniger als international.

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