NC und Tests:Wie bewerbe ich mich direkt an der Hochschule um einen Studienplatz?

NC, Auswahltests, Vorstellungsgespräche - wer einen Studienplatz will, muss sich erst einmal durch den Bewerbungsdschungel kämpfen. Diese Tipps und einige Studienplatzbörsen helfen weiter, wenn es eng wird.

Sabrina Ebitsch

Nach dem Abi erstmal durchatmen? Viele Abiturienten, die im darauffolgenden Wintersemester anfangen wollen zu studieren, sorgen sich um ihren Studienplatz und holen lieber Luft für den Bewerbungsmarathon. Aber wer gut informiert und vorbereitet startet, muss nicht in Panik verfallen.

Selbst wenn er nicht zu den Glücklichen gehört, deren Fach an der Wunschhochschule nicht zulassungsbeschränkt ist - immerhin für mehr als die Hälfte aller Studiengänge gilt, dass sich Interessierte dort ohne Bewerbungsverfahren einschreiben und studieren können. Oft sind das auch Fächer, die an manchen Hochschulen nur nach einem Bewerbungsverfahren offen stehen, an anderen aber frei zugänglich sind - sogar so beliebte Studiengänge wie Architektur. Auf der Seite der Hochschulrektorenkonferenz www.hochschulkompass.de kann man sich solche Studiengänge, sortiert nach Fachgebiet oder Region, anzeigen lassen.

Wer nicht Pharmazie, Medizin, Zahnmedizin oder Tiermedizin und damit ein bundesweit zulassungsbeschränktes Fach studieren will, fällt in die dritte Gruppe der Studienbewerber, über deren Bewerbung in einem so genannten örtlich zulassungsbeschränkten Fach die Hochschulen selbst entscheiden. Wer also weiß, was er studieren will, muss sich darüber klar werden, welche Hochschule in welcher Stadt er besuchen will - und sich dann auf der Website der Hochschule informieren, ob der Studiengang dort zulassungsbeschränkt ist oder nicht.

Wenn ein hoher Numerus Clausus (NC) - also der Noten-Grenzwert, mit dem Bewerber in den vergangenen Jahren noch einen Studienplatz erhalten haben - oder andere Kriterien wie ein vorher abzuleistendes Praktikum beispielsweise aus Zeitgründen dagegen sprechen, muss man sich Alternativen bei den Studienfächern oder Hochschulen umschauen.

Mit der Chemie-Note punkten

Das klingt kompliziert, ist aber für Studienanfänger auch ein großer Vorteil: Zwar suchen sich die Hochschulen mehr als früher die Bewerber aus, die zu ihnen passen - umgekehrt können aber auch die Bewerber zu ihrem Profil passende Hochschulen wählen. Zumal verstärkt auch andere Kriterien als die Abinote bei der Auswahl herangezogen werden. Manche Hochschulen achten im Auswahlverfahren beispielsweise besonders auf die Noten in Schulfächern mit Bezug zum Studienfach - wer Mikrobiologie studieren will, kann möglicherweise mit guten Noten in Chemie und Bio punkten.

Vorteile in der Bewerbung können einem auch Stipendien, Auszeichnungen oder Preise in Wettbewerben wie Jugend forscht bringen. An manchen Hochschulen werden ehrenamtliches Engagement, bereits absolvierte Praktika oder eine abgeschlossene Berufsausbildung in studienrelevanten Branchen honoriert - über ein Punktesystem oder indem beispielsweise der Abischnitt um 0,1 verbessert wird.

Die Bedeutung von Auswahlverfahren, die über einen reinen Notenabgleich hinausgehen, nimmt seit Jahren mehr und mehr zu - und damit auch das Gewicht, das Motivationsschreiben, Tests und Vorstellungsgesprächen für eine erfolgreiche Hochschulbewerbung haben. "Seit 2005 haben die Hochschulen die Möglichkeit, Bewerber auch nach anderen Kriterien auszuwählen, und nutzen diese auch immer stärker", sagt die Autorin und Studienberaterin Angela Verse-Herrmann. "Abgesehen von kleineren Fächern mit wenig Professoren und Studenten ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass auf die Bewerber ein Auswahlverfahren zukommt."

Sie bedeuten für Studieninteressierte nicht nur mehr Aufwand, sondern eine Chance - vor allem wenn die Abinote vielleicht nicht ausreicht, um einen Studienplatz zu garantieren. "Die Hochschulen beschränken den Zugang entweder mit einem NC, wenn ein Missverhältnis zwischen Bewerbern und Studienplätzen besteht, oder mit einem Eignungsfeststellungsverfahren wenn sie der Meinung sind, dass die Abinote nicht ausreicht, um die Studierfähigkeit der Bewerber zu überprüfen", sagt Christiane Mateus-Brinck, stellvertretende Leiterin der Studienberatung der Ludwig-Maximilians-Universität München. Letzteres komme auch den Studienbewerbern entgegen, weil sie so prüfen könnten, ob sie die Voraussetzungen erfüllen und die nötigen Leistungen erbringen könnten. Weitere Informationen und Tipps für die Bewerbung finden Sie hier.

Rettung im Bewerbungschaos?

Dass die Hochschulen seit der Entmachtung der ZVS mehr Freiheit bei der Auswahl ihrer Studenten haben und mittlerweile fast die Hälfte aller Studiengänge in Deutschland einem hochschuleigenen Auswahlverfahren unterliegt, bringt aber auch Schwierigkeiten mit sich. Da zahlreiche Hochschulen eigene Bewerbungsverfahren durchführen, die nicht aufeinander abgestimmt sind, wird die Vergabe von Studienplätzen kompliziert.

Denn die meisten Abiturienten bewerben sich nicht bei ein oder zwei, sondern sinnvollerweise bei mehreren Hochschulen, um die Chancen auf einen Studienplatz zu erhöhen. Weil damit aber Studienplätze an Bewerber vergeben werden, die vielleicht längst woanders einen Studienplatz angenommen haben, oder Bewerber nach einer neuen Zusage von einem bereits angenommen Studienplatz wieder zurücktreten, muss in mehrstufigen Verfahren immer wieder neu sortiert und verteilt werden, bis alle Studienplätze belegt sind.

Übrig gebliebene werden ab September (Wintersemester) beziehungsweise März (Sommersemester) in der Studienplatzbörse www.freie-studienplaetze.de angeboten. 17.000 Studienplätze konnten nach Schätzungen der Kultusministerkonferenz etwa im Wintersemester 2010/11 nicht oder nur deutlich verspätet besetzt werden. Für Studienanfänger bedeutet das langwierige Verfahren aber Stress und große Unsicherheit - teilweise konnten sie ihren Studienplatz erst deutlich nach Vorlesungsbeginn antreten.

Um Abhilfe zu schaffen, einigten sich Politik und Hochschulen schon vor Jahren darauf, die Vergabe der Studienplätze zu koordinieren. Über ein Online-Bewerbungsportal, getragen von der Stiftung für Hochschulzulassung, der ehemaligen ZVS, sollten die Hochschulen an einem zentralen Vergabesystem teilnehmen können. Allerdings war die Einführung des Internetportals ebenso von Schwierigkeiten und Verzögerungen begleitet, mehrfach wurde die Freigabe wegen technischer Probleme verschoben.

Bessere Planbarkeit für Bewerber

Zum Wintersemester 2012/13 soll nun ein Pilotprojekt an den Start gehen. Das so genannte Dialogorientierte Serviceverfahren bietet eine Datenbank, in die alle verfügbaren Studienplätze eingespeist werden. Je nach Stand des Bewerbungsverfahrens werden in mehreren Phasen auch die Daten der Internetplattform aktualisiert - zu festgesetzten, für alle Beteiligten gleichen Terminen, was eine bessere Planbarkeit ermöglicht.

Interessierte können sich ab dann direkt bei den Hochschulen oder über das Onlineportal bewerben - bis 15. Juli (Wintersemester) beziehungsweise Januar (Sommersemester). Dort können sie auch jederzeit den Stand ihrer Bewerbungen verfolgen, die Bewerberlisten einsehen, die die Hochschulen anlegen, und Angebote für Studienplätze annehmen, abwarten oder ablehnen. Bis Ende August beziehungsweise Februar können sich die Bewerber entscheiden.

Wessen Bewerbung ohne Erfolg geblieben ist, hat im so genannten Clearingverfahren, das Ende August beziehungsweise Februar anläuft, noch Chancen auf übrig gebliebene Studienplätze, die dann verlost werden. Weil nur ein Teil der deutschen Hochschulen am Pilotprojekt teilnimmt, werden hier auch andere Studienplätze vergeben als etwa über www.freie-studienplaetze.de. Tipp für Nachzügler: Am Clearingverfahren kann auch teilnehmen, wer sich zuvor noch nicht um einen Studienplatz beworben hat.

Wie es nach dieser Pilotphase weitergeht und wie viele Hochschulen letztlich am Dialogorientierten Serviceverfahren teilnehmen, ist derzeit noch offen. Die Zweifel an dem System mehren sich, die Unterstützung für das zentrale Serviceverfahren bröckelt. Selbst wenn alle technischen Schwierigkeiten ausgeräumt sind, ist esohne eine ausreichende Beteiligung - in der Probephase wird es aller Voraussicht nach nur ein Bruchteil der Hochschulen sein - keine Erleichterung für Studienbewerber, sondern nur eine weitere Schneise in einem ohnehin schon unübersichtlichen Bewerbungsprozedere.

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