Nähe zwischen Schülern und Lehrern:Liebeslied für Herrn Mayer

Lesezeit: 2 min

Lehrer-Blog, Top

Klar, jeder Lehrer ist gerne beliebt. Doch Catrin Kurtz hat miterlebt, wie es ist, wenn die Zuneigung von Schülern problematisch wird.

(Foto: Illustration: Katharina Bitzl)

Ein selbstverfasster Roman, in dem er die Hauptrolle spielt, Kuchen und Muffins: Herr Mayer wird von zwei Schülerinnen mit Zuneigungsbekundungen bedacht. Anfangs findet Lehrerin Catrin Kurtz das zum Lachen - doch dann landet ein Video ihres Kollegen bei Facebook.

"Ist Herr Mayer da?" Zwei aufgebrezelte Achtklässlerinnen stehen mit Gitarre und rot glühenden Backen vor dem Lehrerzimmer. Sie verlangen nach dem bestaussehenden Kollegen der Schule. "Wir haben ein Lied für ihn geschrieben und wollen es ihm vorspielen."

Ich kann mich noch zusammenreißen, bis die Tür hinter mir zugefallen ist, dann informiere ich besagten Kollegen prustend: "Deine Stalker stehen vor der Tür!" Alle Lehrer haben das mittlerweile mitbekommen, denn das "Liebeslied" ist die Krönung einer ganzen Geschenkereihe, die Herrn Mayer seit einiger Zeit zuteilwird.

Er hat schon ein Fotoalbum mit Selfies und Aufnahmen der beiden in Modelpose bekommen, einen selbst verfassten Roman, in dem er und seine Verehrerinnen die Hauptrollen spielen, und eine Art Tagebuch, in das die beiden ihre Gedanken (über ihn) geschrieben haben. Daneben gab es selbstgebackene Kuchen und Muffins und unzählige Postkarten und Briefe. Nun also ein Liebeslied.

Liebesbeweis auf Facebook

Das anwesende Kollegium ist sich einig, dass wir bei dieser Performance gerne dabei wären. Herr Mayer, anfangs noch geschmeichelt, reagiert peinlich berührt bis genervt.

Da können wir alle noch nicht wissen, dass die beiden Mädchen das Musikstück daheim längst auf Video aufgenommen haben. Ziemlich professionell, ihre Gesangsdarbietung unterlegten sie mit Fotoeinblendungen von Herrn Mayer. Eine DVD landet wenig später als weiteres Präsent im Fach des Kollegen - und eine digitale Version auf den Facebook-Accounts von Nadine und Klara. Zu diesem Zeitpunkt findet Herr Mayer das alles gar nicht mehr lustig und auch uns Kollegen wird langsam mulmig zumute.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema