Mogeln bei der Abitur-Prüfung:Mit dem Handy-Peiler auf dem Schul-WC

Schulen setzen Ortungsgeräte für Handys bei der Abiturprüfungen ein

Wie viele Schulen hierzulande Peil- oder sogar Störsender verwenden, lässt sich nicht ermitteln.

(Foto: dpa)

Abiturienten nutzen Handys, um sich durch die Prüfungen zu mogeln, Schulen versuchen, den Betrug mit moderner Technik zu verhindern. Ein britischer Hersteller von Handyblockern soll aus Deutschland eine erhöhte Nachfrage erhalten - dabei ist die Nutzung der Geräte hierzulande noch umstritten.

Von Bernd Dörries, Düsseldorf

Das Ding sieht selbst aus wie ein Handy, nicht mehr ganz modern vielleicht, ein schwarzer Kasten mit einer kleinen Antenne drauf. Wenn die Schüler im Gymnasium Odenthal bei Bergisch Gladbach in diesen Tagen ihre Abiturprüfungen schreiben, liegt der Kasten auf dem Tisch des Lehrers.

Es ist kein Handy aus der Steinzeit eines altmodischen Pädagogen, sondern ein Gerät zur Ortung von Mobiltelefonen. Das Gymnasium in Nordrhein-Westfalen ist eine der wenigen deutschen Schulen, die das Gerät benutzen - und das öffentlich zugeben.

Schüler hatten sich über einen Betrugsfall im Vorjahr geärgert, bei dem ein Abiturient weite Teile von Antworten aus dem Internet abgeschrieben hatte. Kein Lehrer hatte etwas bemerkt. Ein Name sei nicht verpetzt worden, sagt die Schulleiterin Angelika Schmoll-Engels.

Frequenzmesser für 150 Euro

Bei Schülern und Eltern sei aber der Wunsch aufgekommen, Betrug in Zukunft zu verhindern. Zwar mussten die Telefone schon bisher vor der Prüfung abgegeben werden, den Lehrern waren aber viele alte, ausrangierte Handys ohne Sim-Karte aufgefallen. Ihre neueren, internetfähigen Geräte behielten Schüler heimlich.

Also kaufte die Schule im Internet für 150 Euro einen Frequenzmesser, der eingeschaltete Handys in der näheren Umgebung aufspürt. Den exakten Standpunkt kann das Gerät aber nicht messen. Das wäre aus datenschutzrechtlichen Gründen verboten. Unstrittig ist die Lage auch bei Frequenzmessern nicht. In Schleswig-Holstein untersagte das zuständige Ministerium den Einsatz im Februar. Sie waren in einem Klassenzimmer und auf der Toilette eines Gymnasiums aufgestellt worden.

Per Knopfdruck die ganze Schule lahmlegen

Ob das erlaubt sei, müsse erst juristisch geprüft werden, sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums in Kiel damals. Die Düsseldorfer Landesregierung sieht das entspannter. Sofern der Sender keine personenbezogenen Daten erfassen könne, sehe man kein Problem. Bereits im Jahr 2007 hatte eine Waldorfschule in Stuttgart den Handymelder "Paul" selbst entwickelt und aufgestellt.

Wie viele Schulen hierzulande Peil- oder sogar Störsender verwenden, lässt sich nicht ermitteln. Ein britischer Hersteller von Handyblockern brüstet sich im Internet-Portal "Lehrerfreund" damit, dass er aus Deutschland eine erhöhte Nachfrage feststelle. Die seien zwar an deutschen Schulen verboten, erfreuten sich aber dennoch großer Beliebtheit.

Schulen würden nicht nur mobile Sender kaufen, sondern ganze Feststationen, um sie in Zwischendecken einzubauen und per Fernbedienung den ganzen Mobilfunk der Schule lahmzulegen. In Deutschland arbeiten offiziell bisher nur Gefängnisse mit dieser Technik. Und mit einem solchen wollen Schulen lieber nicht verglichen werden.

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