Zwei Stunden ist Familie Lambers mit dem Auto gefahren, um den Hörsaal 3A zu bestaunen. "Bisschen wie ein Fußballstadion, findest du nicht, Ino?", fragt der Vater seinen Sohn. Der zuckt mit den Schultern. Es ist Samstagmorgen, Ino Lambers, 17, sieht müde aus. "So, und jetzt weiter zur Mensa, alle Eltern und Kinder mir nach", sagt ein Mitarbeiter der Hochschule.
Gut 60 Mütter und Väter spazieren mit ihren Sprösslingen über den Campus. Wie ein Familienausflug, nur ohne selbstgeschmierte Stullen. "Eltern@Uni" heißt die Infoveranstaltung der Uni Düsseldorf, die nach jugendlichem Twitter-Jargon klingt, sich aber vor allem an die Eltern richtet. An Eltern junger Abiturienten. Eine Campus-Tour, ein Blick ins Wohnheim und Vorträge stehen auf dem Programm.
"Wir haben die Veranstaltung ins Leben gerufen, weil die Eltern mittlerweile eine entscheidende Rolle bei der Studienwahl einnehmen", sagt Uni-Mitarbeiterin Sandra Warren. "Durch die verkürzte Schulzeit und den Wegfall der Wehrpflicht sind viele Studienanfänger jünger als noch vor einigen Jahren, viele Eltern machen sich daher Sorgen, haben großen Informationsbedarf."
Welches Fach ist geeignet? "Auf jeden Fall kann mir die Mama weiterhelfen."
Kamen früher die Studieninteressierten meist alleine zum Tag der offenen Tür, bringt die G-8-Generation zur Unterstützung Mama und Papa mit. Die Verjüngung der Erstsemesterriege lässt sich aus Daten des Statistischen Bundesamtes ablesen, seit Kurzem erst führt die Behörde eine U-18-Sparte. Im Wintersemester 2012/13 gab es bundesweit mehr als 2000 minderjährige Studenten, 43 000 waren 18 Jahre und 136 000 immerhin 19 Jahre alt. Drei Jahre zuvor lag die Zahl der gerade Volljährigen nur bei einem Drittel davon und auch die der 19-Jährigen deutlich niedriger.
Die Hochschulen reagieren darauf: Bei der Einschreibung Minderjähriger zum Studium müssen sie Vollmachten verlangen oder Eltern einbestellen - weil der Nachwuchs die Dokumente noch gar nicht unterschreiben darf. Und bei der Information und der Studienwahl: An immer mehr Standorten lädt man mittlerweile, wie in Düsseldorf, die ganze Familie zum Schnuppern.
"Wir beide zusammen"
Alessa Wiechers, 18 Jahre alt, ist mit ihrer Mutter Susanne gekommen. Die Schülerin aus Mülheim will in ein paar Monaten ein naturwissenschaftliches Studium beginnen, ob Biologie oder Chemie, das ist noch nicht entschieden. "Auf jeden Fall kann mir die Mama weiterhelfen, die kennt mich ja am besten und weiß meine Fähigkeiten einzuschätzen, deswegen habe ich sie auch mitgenommen." Susanne Wiechers nickt. Mutter und Tochter haben sich bereits einige Vorträge an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät angehört.
"Also Medizin wird es nun nicht werden, das passt nicht zur Alessa", sagt die Mutter. Die 18-Jährige bejaht: "Ne, genau, also Ärztin steht nicht mehr auf dem Plan." Und wer entscheidet jetzt? "Wir beide zusammen", antwortet Alessa.
Gedränge herrscht vor dem Wohnheim, die Besucher schieben sich nach und nach in das kleine Appartement. 17 Quadratmeter hat die Nummer 18: Bett, Kochnische, Bad mit Dusche. "Oh, das ist aber ein großer Kleiderschrank, schau, da passen all deine Sachen rein", sagt eine Mutter euphorisch. "Kann man den Tisch abmontieren?", fragt ein offensichtlich handwerklich interessierter Vater. Es sind vor allem die Eltern, die nachfragen, die sich etwa um die Qualität der Matratze sorgen oder nach der Miete fragen. Viele der Kinder - und einige sehen wirklich noch aus wie Kinder - halten sich eher zurück, überlassen das Sprechen den Eltern.