Union und SPD haben sich am Donnerstagabend auf ein Bildungspaket geeinigt; aus ihm sollen in den kommenden Jahren Milliarden an Kitas, Schulen und Universitäten fließen. Noch weiter aber als die vereinbarten Summen reicht die Botschaft, die von dieser Einigung ausgeht: Die Kultushoheit bleibt Kompetenz der Länder, so formulieren es die Parteien unmissverständlich. Doch die Bundesregierung soll künftig kräftig und langfristig mithelfen, wenn es um die Kosten geht.
Berlin übernimmt Verantwortung für die Bildung und erkennt sie als gesamtgesellschaftliche Aufgabe an. Dieser Schritt ist richtig und überfällig. Und zugleich stellt sich die Frage, warum er so schwer fiel.
Koalitionsverhandlungen:So wollen Union und SPD in die Bildung investieren
Von Ganztagsschule bis Bafög: ein Überblick über die geplanten Vorhaben und was sie für die Bürger bedeuten.
Bisher setzt das Grundgesetz der finanziellen Beteiligung des Bundes sehr enge Grenzen. Diese Regelung heißt "Kooperationsverbot", und der Name sagt alles über ihren ganzen Aberwitz: Hier wird im Wortsinne Kooperation verboten.
SPD, Grüne und FDP haben sich im Bundestagswahlkampf vehement für die Abschaffung dieses "in Verfassungsrecht gegossenen Irrtums" eingesetzt, wie Martin Schulz das Kooperationsverbot nannte - ohne zu sagen, dass die SPD 2006 seiner Einführung zugestimmt hatte. Doch die Union blockte ab, vor allem die CSU sperrte sich. Sie fürchtete, dass Berlin nicht nur zahlen, sondern sich auch in die Bildungspolitik einmischen wolle, die ja grundsätzlich Ländersache ist. Der ganze Bestand des Bildungsföderalismus schien auf dem Spiel zu stehen.
Plötzlich klingt alles ganz einfach
Jetzt also soll das Kooperationsverbot praktisch aufgehoben werden, stehen Länderhoheit und die Zahlungsbereitschaft Berlins einträchtig nebeneinander. Mit ausdrücklicher Billigung der CSU. Plötzlich klingt alles ganz einfach.
Die Schulen in Deutschland können die Hilfen aus Berlin gut gebrauchen, das ist offensichtlich. Es muss in den Ganztagsunterricht investiert werden, der bisher mehr Versprechen als schulische Realität ist. Gleiches gilt für die Digitalisierung, die nun mit fünf Milliarden Euro vorangetrieben werden soll; der von manchen bereits abgeschriebene Digitalpakt - er soll also doch kommen.
Gut möglich also, dass dieses Bildungspaket die Lorbeeren irgendwann verdient, die ihm besonders die SPD schon jetzt verleiht - schließlich soll es eines ihrer Hauptargumente werden, um die Kritiker einer großen Koalition in den eigenen Reihen zu überzeugen. Auch deshalb spricht die SPD-Vizevorsitzende Manuela Schwesig von einem "Leuchtturmprojekt" und einem "Meilenstein"; Fraktionsvize Hubertus Heil vom "Flaggschiff" der neuen Regierung.
Große Worte sind das. Doch es ist ein kleines, beiläufiges Wort, ausgesprochen von der CDU-Politikerin Annegret Kramp-Karrenbauer, das den Schlüssel für diese Einigung am besten beschreibt: Man sei nicht an "Formaldebatten" hängen geblieben, sagte die saarländische Ministerpräsidentin - und habe so eine "ganz pragmatische Lösung" gefunden. Der Pragmatismus hat gesiegt. Ein Irrtum wird beseitigt.