Süddeutsche Zeitung

Studium:Kultusminister schaffen Wartezeit für Medizinstudium ab

  • Die Kultusministerkonferenz hat einen Entwurf für einen Staatsvertrag über die Hochschulzulassung formuliert.
  • Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mussten die Vergabekriterien für Fächer wie Humanmedizin geändert werden.

Von Paul Munzinger

Bewerber ohne hervorragende Abiturnote haben künftig bessere Chancen, schnell einen Studienplatz in Medizin und anderen begehrten Fächern zu bekommen. Die Möglichkeit, einen Platz über Wartesemester zu bekommen, soll dagegen entfallen. Das geht aus dem Entwurf für einen Staatsvertrag über die Hochschulzulassung hervor, der auf der Kultusministerkonferenz am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Jeder zehnte Platz in den zentral verwalteten Studiengängen Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie soll demnach künftig anhand von Kriterien vergeben werden, die von der schulischen Leistung unabhängig sind - etwa berufliche Vorerfahrung. Im Gegenzug wird die Bedeutung der Abschlussnote an anderer Stelle gestärkt: Künftig sollen 30 statt wie bisher 20 Prozent der Plätze an die Besten eines Abiturjahrgangs gehen.

Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts hatte die Neuregelung nötig gemacht. Im Dezember 2017 hatten die Karlsruher Richter das bisherige Vergabeverfahren für teilweise verfassungswidrig erklärt. Es sieht vor, dass je 20 Prozent der bundesweit etwa 11 000 Studienplätze an die Abiturbesten und über die Wartezeitquote vergeben werden sowie 60 Prozent von den Hochschulen selbst. Die Richter monierten unter anderem, eine Wartezeit von 15 Semestern sei zu lang. Zudem bemängelten sie, die Hochschulen berücksichtigten in ihrem Verfahren zu häufig nur die Abiturnote. Dafür aber seien die Leistungsanforderungen von Bundesland zu Bundesland zu unterschiedlich.

Künftig sollen die Hochschulen weiterhin 60 Prozent der Studienplätze vergeben, allerdings nicht mehr allein auf Basis der Note eines Bewerbers. Stattdessen müssen sie in Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie je ein schulnotenunabhängiges Kriterium berücksichtigen, in Humanmedizin sogar zwei. Neben beruflichen Erfahrungen kann dies etwa ein Eignungstest wie der Medizinertest sein.

Die Hochschulen berücksichtigen bei der Bewertung eines Bewerbers nicht, in welchem Bundesland dieser sein Abitur erworben hat. Bei der Abiturbestenquote ist das anders, diese bezieht sich jeweils auf ein Bundesland. Vom Verfassungsgericht war sie daher auch nicht bemängelt worden. Dass sie nun angehoben werden soll, begründete die Kultusministerkonferenz mit der hohen "Prognosekraft" der Abiturdurchschnittsnote für den Studienerfolg. Man trage damit "vielfachen wissenschaftlichen Erkenntnissen" Rechnung.

Über die Reform müssen noch die Finanzminister- sowie die Ministerpräsidentenkonferenz beraten, anschließend muss der Staatsvertrag in den Landesparlamenten ratifiziert werden. Die Neuerungen sollen frühestens zum Sommersemester 2020 in Kraft treten. Eine Übergangsregelung soll für Bewerber gelten, die bereits seit langer Zeit auf einen Studienplatz warten. Ihre Wartesemester sollen nicht mit Inkrafttreten der Reform verfallen, vielmehr können sie ein Faktor sein in dem neuen, notenunabhängigen Bewerbungsverfahren für zehn Prozent der Studienplätze.

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SZ vom 07.12.2018/mkoh
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