Medizinstudium:Pfleger werden Ärzte

Wer berufliche Erfahrung mit Kranken hat, sollte leichter Medizin studieren können.

Kommentar von Michaela Schwinn

Warum gerade sie? Warum bekommen 1,0-Abiturienten leichter einen Medizinstudienplatz als andere? Sie sitzen immerzu am Schreibtisch, sind sozial inkompetent - das sind Argumente, die Gegner des Numerus clausus gern anführen. Dabei vergessen sie: Wer eine Matheklausur genauso meistert wie ein Gruppenprojekt, muss feinfühlig sein und teamfähig. Deshalb ist es richtig, dass die Kultusminister nun bei der Vergabe der Studienplätze die Abiturnote stärken. Über Wartesemester soll niemand mehr ins Medizinstudium kommen.

Genauso wichtig aber ist es, dass künftig auch die Eignung eine größere Rolle spielt. Wer etwa nach dem Abitur eine Ausbildung oder ein Praktikum in der Pflege absolviert hat, könnte bei der Vergabe nach oben rücken. Wer kranke Menschen betreut hat, wer im Rettungsdienst Schwerverletzte beruhigen musste, weiß, worauf er sich einlässt. Von solchen Bewerbern können die Hochschulen - und später die Patienten - nur profitieren.

Nebenbei könnte noch etwas anderes passieren. Wer als Pfleger im Nachtdienst 30 Patienten versorgen musste und dafür nur mäßig bezahlt wurde, wird wohl später als Arzt mehr Respekt vor der Arbeit anderer haben. Das könnte die oft beklagte Kluft zwischen Medizinern und Pflegern ein wenig auflösen und die Pflegeberufe stärken.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: