MBA Public Management:Allrounder im Amt

Lesezeit: 4 min

Ein Beruf im Wandel: Moderne Leiter von Behörden oder Kommunen haben mehr Aufgaben als früher. Zu ihnen gehört die Motivation von Mitarbeitern und das Vermitteln zwischen verschiedenen Interessen. (Foto: imago)

Behördenleiter agieren heutzutage häufig auch als Vermittler in Konflikten. Auf diese Rolle bereiten sie spezielle MBA-Programme vor.

Von Benjamin Haerdle

Wirtschaftlichkeit und gute Organisation sind seit einiger Zeit Themen, mit denen sich auch Verwaltungen in verstärktem Maße beschäftigen. So halten vermehrt dezentrale konzernähnliche Führungs- und Organisationsstrukturen Einzug in die Behörden, mit klaren Zielvorgaben kommt die ergebnisorientierte Steuerung in die Amtsstuben, mehr Wettbewerb entsteht.

Für derartige Reformen sind Experten gefragt, die einen MBA für die öffentliche Verwaltung in der Tasche haben. So entscheiden sich Verwaltungsangestellte, die Führungsaufgaben etwa als Amtsleiter in Kommunen oder als Referatsleiter bei Landes- und Bundesbehörden oder öffentlichen Unternehmen übernehmen wollen, deshalb zunehmend für den MBA Public Management. Möglich ist ein solches berufsbegleitendes Studium mit Präsenzphasen und Phasen des häuslichen Selbststudiums an einigen Standorten in Deutschland, zum Beispiel an der Universität der Bundeswehr München.

Digitale Medien werden in der Verwaltung immer wichtiger. Das zeigt auch das Curriculum

Erst seit drei Jahren gibt es auf dem Campus in Neubiberg im Landkreis München den berufsbegleitenden MBA Public Management. Bewerber müssen unter anderem ein Erststudium mit 210 Credit-Points und entsprechende Berufserfahrung nachweisen. Für Aspiranten mit einer geringeren Anzahl von Leistungspunkten (mindestens aber 180) ist eine Eingangsprüfung vorgesehen. Neu ist für alle, die künftig mit diesem Studium starten, dass die Universität der Bundeswehr neben den bisherigen Spezialgebieten "Öffentliche Beschaffung" und "Öffentliches Controlling" die Vertiefung "Digitalisierung im öffentlichen Sektor" anbietet. "Das Thema Digitalisierung wird in der Verwaltung immer wichtiger, viele Verfahren werden künftig für den Bürger einfacher und nutzerfreundlicher", sagt Bernhard Hirsch. Er ist an der Universität der Bundeswehr München Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre im MBA. Ein Beispiel: Um einen neuen Führerschein zu bekommen, musste man bisher ins Amt, einen Antrag ausfüllen und unterschreiben. Nach einigen Wochen konnte man das neue Dokument abholen. Mit den neuen IT-Möglichkeiten könnte es künftig möglich sein, dass Bürger von zu Hause die Anträge elektronisch ausfüllen. "Noch gibt es rechtliche und technische Herausforderungen, aber an Lösungen dafür wird in den zuständigen Ministerien gearbeitet", sagt Hirsch.

Dem Schwerpunkt Digitalisierung können sich Studierende der Bundeswehr-Universität widmen, wenn sie die ersten beiden Abschnitte des MBA-Studiums abgeschlossen haben. In der Grundlagenphase haben sie dann bereits Methoden der Wirtschaftswissenschaften erlernt, in der Vertiefungsphase Besonderheiten öffentlicher Verwaltungen. "Wir bieten einen MBA an, der ein Managementverständnis vermittelt, das auf Ziele und Ergebnisse von Behörden ausgerichtet ist und ihre besonderen Rahmenbedingungen berücksichtigt", sagt Hirsch. Circa 30 Plätze hält die Universität in dem auf zwei Jahre und drei Monate angelegten Studium parat - nicht nur für aus der Bundeswehr ausscheidende Offiziere, sondern auch für Anwärter, die ihr nicht angehören: Personal aus Landes- und Bundesbehörden oder auch aus kommunalen Behörden. "Wir bieten MBA-Absolventen einen Abschluss einer Universität, nicht einer Fachhochschule", betont Hirsch. Dieser universitäre Anspruch stehe für eine fundierte theoretische wie praxisnahe Wissensvermittlung durch Universitätsprofessoren und ausgewiesene Vertreter der Berufspraxis.

Auch an der Hochschule Osnabrück können Studierende den MBA Public Management in Angriff nehmen. Vier Semester plus die einsemestrige Masterarbeit dauert dort das Studium. "Wir wollen unseren Studierenden vermitteln, selbständig eine Abteilung in der öffentlichen Verwaltung zu leiten und insbesondere Menschen zu führen", sagt Andreas Lasar, Professor an der HS Osnabrück und Studiengangsbeauftragter. Zudem vertiefe man Kenntnisse der Digitalisierung, bestimmte Rechtsgebiete wie Vertragsrecht sowie betriebswirtschaftliches Wissen. Diese Themen ziehen vor allem jene in die MBA-Kurse, die einst mit einem Bachelor-Abschluss in die Verwaltung gegangen waren, mindestens ein Jahr Berufserfahrung vorweisen können und nun den nächsten Karriereschritt planen: Sie wollen in den höheren Dienst gelangen. An der HS Osnabrück sind das zumeist Menschen aus allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung. Das Spektrum reicht dabei vom Krankenhaus über die Polizei bis hin zu den Gerichten. Im ersten Semester werden zum Beispiel Führung, Motivation sowie Datenschutzrecht behandelt, danach folgen Personal- und Organisationsentwicklung, Management und Controlling sowie Haushaltsmanagement. Im vierten Semester stehen etwa Personaldiagnostik, Governance oder Beteiligungsmanagement im Lehrplan. Im Modul "Personaldiagnostik" beschäftigen sich die Studenten mit Verfahren zur Auswahl und Leistungsbeurteilung von Mitarbeitern. Im Modul "Governance" geht es um Probleme zwischen Politik, Verwaltung und Bürgern sowie Methoden zur Konfliktlösung etwa beim Bau von Windkraftanlagen. Im Modul "Beteiligungsmanagement" stehen die Besonderheiten der Steuerung von staatlichen und kommunalen Unternehmen wie den Stadtwerken auf der Agenda.

"Der MBA ist ein Beschleuniger, um in der Karriere voranzukommen", sagt Lasar. Vorbei seien die Zeiten, als juristische Kenntnisse allein ausreichten, um eine Verwaltungseinheit zu führen. "Von einem modernen Amtsleiter erwartet man heutzutage, dass er Mitarbeiter führt, Organisationsänderungen anstößt, das Budget verantwortet, Kosten kalkuliert oder die Verwaltung vor Gericht vertritt", so Lasar.

Einige Business Schools bilden Public-Affairs-Experten aus, die für Verbände und NGOs arbeiten

Während sich die MBA-Studiengänge Public Management an Verwaltungsexperten richten, wenden sich einige MBAs mit ähnlich lautendem Namen an eine andere Zielgruppe. Das gilt zum Beispiel für den MBA Public Affairs & Leadership der Quadriga-Hochschule Berlin. "Die Idee dahinter ist, die Interaktion zwischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu gestalten", erläutert Carolin Zeller, die dort als Professorin für Politikwissenschaft und Public Affairs lehrt. Dabei gehe es um deutlich mehr als nur um das kurzfristige Lobbying. "Public Affairs bedeutet, für einen Verband, ein Unternehmen oder eine Nichtregierungsorganisation langfristig, etwa für ein geplantes Gesetz auf Bundesebene oder eine Richtlinie der EU-Kommission, das politische Umfeld zu gestalten", erklärt sie. Konkret könne das beispielsweise bedeuten, bestimmte Themen auf die politische Agenda zu bringen oder Netzwerke mit anderen Organisationen zu knüpfen, die ähnliche Ziele hätten.

Deshalb lernen die angehenden Manager in dem 18-monatigen Studium nicht nur, wie Gesetze entstehen oder politische Entscheidungen gefällt werden, sondern unter anderem auch, wie man parlamentarische Abende vorbereitet und Positionspapiere verfasst, um Einfluss auf politische Beschlüsse zu nehmen. Dabei gelte es, ethisch und moralisch korrekt vorzugehen, betont Zeller. Diesbezüglich habe sich einiges zum Besseren verändert: Dass Verbandsvertreter in Ministerien mitarbeiten wie früher oder Abgeordnete für Besuche von Fabriken zu ausgedehnten Wochenendtrips eingeladen wurden, komme heutzutage kaum mehr vor. In welchem Fach die MBA-Studenten zuvor den Bachelor gemacht hätten, sei nicht relevant. In jedem Fall brauche es gut ausgebildete Akteure, die in dem von Zeller beschriebenen Umfeld mit dem MBA in der Tasche klug politisch kommunizieren können.

© SZ vom 27.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: