Natürlich geht es nicht nur ums Geld. Der mieseste Job wird durch ein hohes Gehalt ja gewöhnlich auch nur für eine Weile erträglicher. Trotzdem drückt sich durch die Höhe des Lohns Wertschätzung aus - gleiches Geld für gleiche Arbeit, Sie verstehen. Aber wann ist Arbeit gleich? Und rechtfertigt eine ähnlich geartete und lange Ausbildung ein ähnliches Gehalt?
Beides Fragen, die sich bundesweit viele Lehrkräfte stellen. Besonders die, die an Grund- oder Hauptschulen unterrichten. Noch immer verdienen sie in den meisten Bundesländern pro Monat mehrere hundert Euro weniger als ihre Kollegen an den Gymnasien. Schon seit Jahren kämpfen mehrere Lehrergewerkschaften dafür, diesen Unterschied abzuschaffen. "Man muss die Leute besser bezahlen, wenn man die Unterrichtsversorgung an Grund- und Hauptschulen sichern will", sagt Udo Beckmann, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE).
Und tatsächlich hat die Diskussion zuletzt Fahrt aufgenommen. In Berlin und Brandenburg sollen künftig Lehrkräfte aller Schularten das gleiche Einstiegsgehalt bekommen, sprich: in die Besoldungsgruppe A13 eingruppiert werden. Dass es in anderen Ländern noch ein weiter Weg zu "A13 für alle" ist, zeigt das Beispiel Nordrhein-Westfalen.
Gestresste Lehrer:Wenn 55-Stunden-Wochen die Regel sind
Studien beweisen, dass Lehrkräfte zu viel arbeiten müssen, in Niedersachsen verklagen Betroffene das Land. Wie sich der als "Halbtagsjob" geschmähte Lehrerberuf verändert hat.
Die neue Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hat Ende 2017 ein Versprechen gegeben: "Wir wollen die besoldungsrechtlichen Konsequenzen aus der Reform der Lehrerausbildung aus dem Jahr 2009 ziehen." Seit diesem Jahr werden alle angehenden Lehrkräfte in NRW gleich lang ausgebildet: sechs Semester Bachelor, vier Semester Master, anderthalb Jahre Referendariat. Also sollen sie auch alle gleich bezahlt werden.
Nur: Passiert ist bis dato wenig. Zwar wurde die Besoldung der Konrektoren an Grundschulen angehoben (unter der rot-grünen Vorgängerregierung hatten bereits die Leiter der Grundschulen mehr Geld bekommen). Im Haushaltsentwurf für 2018 sind aber keine Mittel für die Anhebung der Gehälter der restlichen Lehrkräfte an Grund- und Hauptschulen angedacht.
Dabei hätten die Regierungsparteien CDU und FDP erst kürzlich im Schulausschuss die Chance gehabt, zu zeigen, dass es ihnen mit der Ankündigung Gebauers ernst ist. Die SPD hatte einen Antrag eingebracht, wonach verbeamtete Lehrkräfte an allen Schularten gleich entlohnt werden sollten - eine Mehrheit fand sich dafür jedoch nicht. Wann es tatsächlich mehr Geld für Grund- und Hauptschulen gibt, ist unklar. Auf SZ-Anfrage konnte das Schulministerium dazu keine Angabe machen.
Solange sich nichts tut, will der NRW-Ableger der Lehrergewerkschaft GEW weiter Druck auf die Regierung machen. Im Auftrag der Gewerkschaft hatte der Augsburger Jura-Professor Ralf Brinktrine bereits ein Gutachten vorgelegt, wonach die unterschiedliche Bezahlung der Lehrkräfte nicht verfassungsgemäß ist. Zudem ermuntert die GEW Grundschullehrkräfte, Widerspruch gegen deren Besoldungsbescheide einzulegen. Viele sind dem bereits gefolgt, haben aber noch keine Rückmeldung bekommen. "Dass diese Bescheide noch immer ausstehen, zeigt uns, dass die Landesregierung unbedingt Klagen gegen die aus unserer Sicht verfassungswidrige Besoldung vermeiden will", meint die GEW-Landesvorsitzende Dorothea Schäfer.
Wie dringend eine Aufwertung des Lehramts besonders an Grundschulen ist, zeigt der bundesweite Lehrermangel. Besonders an Grund- und auch Hauptschulen fehlen Zehntausende Lehrkräfte, während es vielerorts ein Überangebot an Gymnasiallehrkräften gibt. Dass nur wenige angehende Lehrkräfte an die Grundschulen wollen, hat neben dem geringeren Verdienst auch mit den schlechten Aufstiegsmöglichkeiten zu tun. VBE-Chef Udo Beckmann formuliert es so: "An der Grundschule hat man einen Laufstall und am Gymnasium hat man eine Laufbahn."
Pensionisten im Klassenzimmer:Zurück ans Pult
Bundesweit herrscht Lehrermangel, viele Länder bitten Pensionisten zurück in die Klassenzimmer. Drei von ihnen erzählen, warum sie der Bitte gefolgt sind.
Erster Schritt aus Sicht der Gewerkschaften: Wo Grundschullehrkräfte gleich lang studieren wie Gymnasiallehrkräfte und - verschiedene Studien belegen das - auch ähnlich lange Arbeitszeiten haben, müssen sie auch gleich gut verdienen. Das klingt fair vor dem Hintergrund, dass die Grundschulen in puncto Integration, Inklusion und Erziehung oft mehr leisten müssen als die weiterführenden Schulen.
Doch nicht alle wollen sich der Forderung nach "A13 für alle" anschließen. Susanne Lin-Klitzing ist Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes (DPHV), der Lehrkräfte an Gymnasien und beruflichen Oberschulen vertritt. Sie sagt: "Ich halte eine einheitliche Besoldung für den falschen Weg." Dass Gymnasiallehrkräfte weiterhin mehr verdienen sollten, argumentiert sie so:
- Die nötige Ausbildung mit dem vertieften Studium mindestens zweier Fächer sowie den Erziehungswissenschaften sei komplexer. "Dieses vertiefte Studium ermöglicht es den Studierenden, im Prinzip in jedem der studierten Fächer zu promovieren. Das ist beim Grundschullehramt gewöhnlich nicht der Fall."
- Die beruflichen Anforderungen am Gymnasium seien höher, auch weil Kinder von der fünften bis zur 13. Klasse unterrichtet würden und damit über eine große Alterspanne hinweg adäquat betreut werden müssten.
- Außderdem hätten Gymnasiallehrkräfte eine größere Verantwortung, weil sie die Schüler auf Studium und Beruf vorbereiteten.
Das bedeutet aber nicht, betont Lin-Klitzing, dass der Philologenverband den Grund- und Hauptschullehrkräften nicht mehr Geld gönnen würde. "Aus unserer Sicht wäre es aber nicht akzeptabel, wenn nur diese Lehrämter finanziell aufgewertet würden." Heißt aus DPHV-Sicht: Würden die einen auf A13 eingestuft, müssten die anderen auf A14 angehoben werden.
Das dürfte nicht zuletzt daran scheitern, dass es kaum finanzierbar ist. Laut Schätzungen der GEW würde allein die Besserstellung der Lehrkräfte von Grund- und Hauptschulen in NRW pro Jahr etwa 600 Millionen Euro zusätzlich kosten.