Lehrer-Blog:Sind so schön die Schüler

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Markenaffin sind Schüler nach wie vor, beobachtet Lehrerin Catrin Kurtz - vor allem wenn es um ihr Handy geht, achten Mädchen und Jungen auf das richtige Label. (Foto: Illustration: Katharina Bitzl)

Wehe, Frau Lehrerin kauft bei der gleichen Klamottenkette ein wie die Klasse! Die Schüler von Catrin Kurtz sind eher mode- als markenbewusst - mit einer Ausnahme.

"Frau Lehrerin, Sie haben ja den gleichen Pulli an wie die Julia! Und die Ohrringe hat die Julia auch, wie lustig - Julia schau mal!"

Wie kann man einer Schülerin garantiert den Tag versauen? Man geht als Lehrerin auch bei einer der großen Modeketten einkaufen und trägt in der Schule das gleiche Kleidungsstück wie sie. Das hat meist zur Folge, dass die betreffende Schülerin den betreffenden Pullover daheim umgehend der kleinen Schwester vererbt, denn: Das geht ja gar nicht!

Während man zu meiner eigenen Schulzeit noch dringend ein übergroßes Sweatshirt mit unübersehbarem Label-Schriftzug über der Brust und diese eine Jogginghose (mit den Druckknöpfen seitlich) brauchte, um hip zu sein, hat sich der Markenwahn unter Schülern mittlerweile etwas gelegt. Zumindest bei Klamotten. In einem Bereich ist er stärker ausgeprägt denn je: Bei Handy, Laptop und sonstigen elektronischen Geräte muss es nicht nur das neueste Modell, sondern selbstredend auch ein Produkt von einem namhaften Hersteller sein.

Bitte nicht die Billig-Nachbauten vom Discounter!

Und natürlich gibt es immer noch Eltern, die verhältnismäßig tief in die Tasche greifen müssen, um die neuen Sneakers ihrer Sprösslinge zu bezahlen - bitte nicht die Billig-Nachbauten vom Mode-Discounter! Markenklamotten gehören auch für Sportler dazu, hier ist es offensichtlich wichtig, welches Label man trägt, genauso bei Skatern. Und Mitschüler, die mit ihren Eltern in den Sommerferien in Amerika waren und sich dort neu einkleiden durften, werden am ersten Schultag halb bewundert, halb neidisch beäugt. Generell würde ich aber sagen: Modesinn ist heute wichtiger als Marken.

Die meisten Mädchen gehen bei H&M, New Yorker oder einer der anderen quietschbunten Ketten shoppen, aus deren Filialen einem die Musik in Discolautstärke entgegenschallt. Was den Geldbeutel der Eltern nun nicht unbedingt wegen einzelner Kleidungsstücke strapaziert, sondern wahrscheinlich eher wegen des Umfangs der Einkäufe. Nicht mehr der Name zählt (beziehungsweise: nicht mehr nur), sondern wie etwas "gestylt" wird.

Trendbewusste Teenagerdamen holen sich ihre Modeideen im Internet, stellen dort ihre Klamottenauswahl per Foto vor und lassen sie bewerten. Dabei sind nicht Marke oder Herkunft wichtig, sondern die Zusammenstellung, und natürlich: die Accessoires. Armbänder und Ringe in Größe und Umfang, dass das Schreiben schwer fällt. Sogar Hüte sieht man heute im Klassenzimmer. Es geht darum, sich durch kombinatorisches Geschick abzuheben, obwohl oder gerade weil viele eigentlich das Gleiche tragen.

Erlaubt ist, was Miley tragen könnte

Dabei sind die Jugendlichen durchaus modemutig, die Medien und ihre Lieblingsstars machen es ihnen vor. Erlaubt ist, was Miley und Co. auch tragen könnten. Oft bewundere ich meine Schüler, für das Selbstbewusstsein und die Selbstverständlichkeit, mit denen sie sich ausprobieren. Vieles hätte ich mich in dem Alter nicht getraut. Manchmal kann ich mir aber auch den, zugegeben: spießigen, Gedanken nicht verkneifen: So hätten mich meine Eltern nie aus dem Haus gelassen! Gerade im Sommer scheinen manche die Schule mit dem Freibad oder der Disco zu verwechseln.

Wobei ich immer noch eine wohlwollendere Modekritikerin bin als meine Schüler. Umso mehr freut man sich als Lehrerin über ein seltenes Lob zum eigenen Outfit. "Frau Kurtz, Sie waren shoppen, sehr gute Sachen!" Danke, alles no name.

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