Süddeutsche Zeitung

Vor CDU-Parteitag:Erneute Debatte um Kopftücher in Grundschulen und Kitas

  • In einer Beschlussempfehlung der Antragskommission für den Parteitag spricht sich die Spitze dagegen aus, dass muslimische Mädchen Kopftücher in Grundschulen und Kitas tragen.
  • Auch ein Verbot sei noch nicht vom Tisch, heißt es.
  • Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags kamen 2017 zu dem Ergebnis, dass ein Kopoftuchverbot an Schulen verfassungsrechtlich "wohl nicht zulässig" wäre.

Muslimische Mädchen sollten in der Grundschule und der Kita aus Sicht der CDU-Spitze kein Kopftuch tragen. "Das Tragen des Kopftuchs macht aus den kleinen Kindern schon erkennbar Außenseiter, etwa auf dem Spielplatz oder auf dem Schulhof. Dies wollen wir in jedem Fall verhindern", heißt es in einer Beschlussempfehlung der Antragskommission für den CDU-Parteitag in Leipzig am Freitag und Samstag. Die CDU setze dabei vor allem auf die Überzeugung der Eltern. "Wir schließen allerdings als letztmögliche Maßnahme auch ein Verbot nicht aus", heißt es weiter.

Die Formulierung der Antragskommission schwächt einen Antrag eines Bezirksverbands der Senioren-Union ab. Dieser hatte die CDU-Fraktionen der Landtage, Bürgerschaften und des Abgeordnetenhauses von Berlin auffordern wollen, ein gesetzliches Kopftuchverbot in Schulen einzuführen. Fraglich ist, ob Kopftücher für Schülerinnen in Deutschland überhaupt verboten werden dürften. Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags kamen 2017 zu dem Ergebnis, dass das verfassungsrechtlich "wohl nicht zulässig" wäre und beziehen sich dabei auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Lehrerinnen mit Kopftuch.

Neben der Debatte um Kopftücher beschäftigt sich die CDU derzeit auch mit Sprachtests. Bildungspolitiker wollen in Kitas die Deutschkenntnisse bereits bei vier Jahre alten Kindern verbindlich testen und bei Mängeln eine Sprachförderung vorschreiben. Dem CDU-Bundesparteitag liege ein entsprechender Antrag zur Abstimmung vor, sagte Schleswig-Holsteins Bildungministerin Karin Prien vor wenigen Tagen. Prien hat den Antrag des Bundesfachausschusses Bildung der CDU als dessen Vorsitzende federführend mit erarbeitet.

Sollten Eltern sich weigern, die von einer Kommune angebotenen verbindlichen Sprachfördermaßnahmen ihres Kindes zu unterstützen oder zu ermöglichen, "müssen wirksame Sanktionsmechanismen greifen", heißt es im Antrag für den Leipziger Parteitag. In Frage komme die Verhängung von Bußgeldern, wie es nach dem Ordnungswidrigkeitenrecht üblich sei, sagte Prien. Sie wies darauf hin, dass die Erfassung in den Bundesländern völlig unterschiedlich sei. Sanktionierungen sollten ganz am Ende bei den wenigen erfolgen, die sich Sprachfördermaßnahmen für ihre Kinder verweigerten. "Lange davor steht ein besseres Angebot von Sprachfördermaßnahmen im Alter zwischen drei und sechs Jahren. Lange davor steht eine bessere Sprachdiagnostik ab dem dritten Lebensjahr und der Sprachstandstest dann mit dem vierten Lebensjahr. Und erst dann, wenn das alles nicht wirkt, kommt irgendwann das Thema Sanktionen auf die Tagesordnung - aber bitte in dieser Reihenfolge."

In Schleswig-Holstein sprachen vor der Einschulung 2017/18 insgesamt 19 Prozent der Kinder unzureichend Deutsch, im Jahr zuvor waren es 15,8 Prozent gewesen, wie aus den Berichten über die Schuleingangsuntersuchungen hervorgeht. Bundesweite Zahlen konnte das Sozialministerium in Kiel nicht nennen. Nach dem Willen der CDU-Experten sollen die Länder die verbindliche Einführung von Qualitätsstandards für alle Bereiche der frühen Bildung vereinbaren. Von Anfang an solle in den Einrichtungen der frühen Bildung - dazu gehören Kitas und Vorschulen - der Spracherwerb und die Sprachentwicklung mit standardisierten Diagnoseverfahren erhoben und gefördert werden.

Außerdem sehen die CDU-Bildungsexperten die Länder in der Pflicht, die Erzieher in den Methoden der Sprachstandserhebung und Sprachförderung auszubilden. Nach Auffassung der CDU muss das notwendige zusätzliche Personal und Geld für die Ausweitung der Sprachförderung als gesamtgesellschaftliche Verpflichtung aufgebracht werden. Prien äußerte die Hoffnung, dass die Länder einführen, was bei ihnen noch fehlt an Sprachdiagnostik, -tests und -fördermaßnahmen, und dann auch Sanktionsmöglichkeiten gesetzlich verankern.

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