Süddeutsche Zeitung

Klimaschützer:"Ein Teilerfolg wäre ein Widerspruch in sich"

Luisa Neubauer, das Berliner Gesicht der Klimastreik-Bewegung, über die Fridays for Future.

Von Susanne Klein

SZ: Frau Neubauer, Sie haben am Freitag in Berlin einmal mehr für eine mutigere Klimapolitik demonstriert. Wie war's?

Luisa Neubauer: Es waren ja Ferien in Berlin, da haben wir allen gesagt, lasst uns zeigen, dass wir nicht nur Schule oder Uni schwänzen. Sondern dass uns die Sache richtig am Herzen liegt, der Klimawandel macht ja auch keine Ferien. Die Stimmung war super, wir waren bis zu 400 Leute.

Wie geht es weiter mit den Demos?

Wir mobilisieren gerade ganz verstärkt für den internationalen Klimastreiktag am 15. März. Es wird in vielen Ländern Streiks geben, auch in Deutschland, dann aber dezentral, nicht nur hier in Berlin.

In wie vielen Städten?

In deutlich mehr als 100 Städten. Unsere Bewegung ist inzwischen auf mehr als 150 Ortsgruppen angewachsen.

Welche Ziele verfolgen Sie jetzt?

Wir wollen Taten sehen. Es wird viel geredet, auch über uns, aber wir brauchen parlamentarische Debatten und Beschlüsse für einen schnellen Kohleausstieg. Ein Ausstieg bis 2038, wie ihn die Kohlekommission empfiehlt, wird der Krisenrealität nicht gerecht. Wir brauchen ihn bis spätestens 2030. Außerdem fordern wir schnelle Maßnahmen in emissionsintensiven Bereichen wie Massentierhaltung und Verkehr.

Sie betrachten die Ergebnisse der Kohlekommission nicht als Teilerfolg?

Ein Teilerfolg wäre ja ein Widerspruch in sich. Wir können nicht ein bisschen das Klima schützen, das löst die Krise nicht.

Sie waren am 25. Februar selbst zu Gast in der Kohlekommission.

Wir waren zu fünft da und haben der Kommission gesagt, dass sie nicht nur deutschlandweit, sondern auch global Verantwortung trägt. Davon schienen die Mitglieder überrascht zu sein. Das hat mich irritiert. Die mussten doch wissen, dass ihre Beschlüsse zugleich globale Impulse setzen. Wir haben sie auch aufgefordert, sich historisch einzuordnen: Möchten Sie in 20 Jahren diejenigen sein, die damals etwas getan haben, als es noch möglich war?

Dann müssen Sie jetzt enttäuscht sein.

Klar. Deswegen machen wir ja auch weiter.

Ihre Bewegung hat auch beschlossen, dass Wirtschaftsminister Peter Altmaier nicht auf der Demo sprechen darf. Wie entsteht so ein Beschluss bei Ihnen?

Basisdemokratisch. Jede Ortsgruppe hat sich ihre Meinung gebildet, die Delegierten haben das in ihrer wöchentlichen Telefonkonferenz bundesweit zusammengeführt. Die Schüler sind hervorragend organisiert.

Sie selbst sind ein bekanntes Gesicht der Bewegung, Aktivistin der ersten Stunde.

Inspiriert durch Greta Thunberg. Ich habe sie einige Tage auf der UN-Klimakonferenz begleitet. Aber ich bin nur eine von vielen in Deutschland, die die Streiks vorantreiben.

Allerdings sind Sie Studentin, keine Schülerin. Welche Rolle spielen Studierende bei den Streiks?

Etliche Studis unterstützen die Streiks bereits, und ich hoffe, das nimmt noch deutlich zu. Erstens endet die Frage nach der Zukunft nicht mit der Schule. Zweitens wollen wir die Schulstreiks der Schüler nicht überstrapazieren.

Sie kommen den Schulen entgegen?

Vormittags funktionieren die Demos sehr gut, das behalten wir bei. Aber Studierende verstärken die Präsenz, sodass Schüler, die etwa Prüfungen schreiben, zur Schule können. Und nicht jede Demo muss gleich groß sein. Dafür wollen wir an bestimmten Freitagen richtig viele Leute auf die Straße bringen.

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Quelle:
SZ vom 11.02.2019
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