Initiative:Schub für die Schule

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Gesundes Schulessen gehört auch dazu - Ganztagsschulen sollen Leistungsdruck in Lernfreude umwandeln. (Foto: Alexander Körner/dpa)

Die Länder investieren in den Ganztagsunterricht. 70 Prozent der Eltern wünschen sich das.

Von Johann Osel, München

70 Prozent der Eltern wünschen sich einer Umfrage zufolge einen Ganztagsplatz für ihr Kind. Im jetzigen Tempo wird es aber 20 Jahre dauern, bis diese Marke erreicht ist. Die Bundesländer wollen nun mit einer gemeinsamen Initiative den Ganztagsschulen einen Schub verleihen. Unter dem Titel "Ganztägig bilden 2016 bis 2018" planen sie, ein Programm fortzuführen, das bisher mit dem Bund die Qualität des Ganztagsunterrichts verbessern sollte und das nun ausläuft. Es gehe um "länderübergreifende Aktivitäten, die unmittelbar auf die Qualitätsentwicklung von Ganztagsschulen abzielen", teilte Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) mit, er ist auch Präsidiumsmitglied der Kultusministerkonferenz (KMK).

Bis Ende des Jahres würden die Länder eine neue Vereinbarung mit der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung schließen. Die Stiftung ist bisher Programmträger, am Donnerstag ging es gemeinsam mit dem Bundesbildungsministerium, der KMK und Experten auf einem Kongress in Berlin um die Entwicklung. Über die Ländergrenzen hinweg stehen etwa regionale Serviceagenturen Schulen bei der Entwicklung ihrer Angebote zur Seite. Die Länder werden dies selbst bezahlen. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka sagte: "Elf Jahre lang hat der Bund mit seiner Förderung ein stabiles Fundament gelegt, auf dem die Ganztagsschulen aufbauen können." Die Forschung zur Wirkung dieser Schulen werde zudem weitergehen.

Eine ideale Ganztagsschule könne "Leistungsdruck in Lernfreude umwandeln", hieß es aus Teilnehmerkreisen. Nachholbedarf gebe es momentan beim Versuch, den Unterricht mit Freizeit klüger zu verknüpfen. Zu oft fände einerseits eine reine "Bespaßung" der Schüler statt, ohne Anknüpfungspunkte zum Lernen; andererseits werde zu oft nur ein Quasi-Unterricht geboten, der zu wenig auf die Bedürfnisse von Schülern eingehe.

Die meisten Eltern wünschen sich einen Unterrichtsschluss um 15 Uhr

Fast 60 Prozent aller Schulen in Deutschland gelten inzwischen als Ganztagsschulen, stellt der Bildungsbericht von Bund und Ländern fest - wobei die Definition auch für Einrichtungen gilt, die nur an wenigen Tagen einige Stunden anbieten. Jeder dritte Schüler nimmt ein Angebot wahr. Nicht mal jeder fünfte Schüler besucht aber "gebundenen Ganztagsunterricht" - die verpflichtende, regelmäßige und getaktete Betreuung. Gleichwohl gibt es regionale Unterschiede. Die Zeiten, in denen Konservative in der Nachmittagsbetreuung Gift für die Familie sahen, sind aber vorbei. Neben dem Wunsch, den Familien zu helfen, erhofft sich die Bildungspolitik Leistungseffekte. Ein Forschungsprojekt des Bundes hat gezeigt, dass der Besuch einer Ganztagsschule in weiterführenden Schulen das Risiko der Klassenwiederholung deutlich senkt.

Allerdings: Die Nachfrage ist noch deutlich höher. Der Bildungsökonom Klaus Klemm hat im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung errechnet, dass 1,7 Milliarden Euro zusätzlich für Lehrkräfte und pädagogisches Personal nötig seien, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. Der Ausbau habe seit 2009 an Fahrt verloren. Im kürzlich veröffentlichten Bildungsbarometer des Ifo-Instituts bestätigte sich das Ansehen der Ganztagsschule. Jedoch wünschen sich viele Bürger offenbar auch, dass Kinder nicht bis zum Abend in der Schule bleiben. Zur Frage, ob ganz Deutschland zu einem flächendeckenden Ganztagssystem bis 15 Uhr wechseln solle, äußerten sich 61 Prozent positiv.

© SZ vom 18.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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