Ihre Meinung zum Schulschwänzen:"Familien werden immer gerne zur Kasse gebeten"

Sommerferien in Bayern

Ab in den Urlaub?!

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Dürfen Eltern ihre Kinder vor Ferienbeginn aus der Schule nehmen, um günstiger in den Urlaub fahren zu können? Die SZ-Leser vertreten unterschiedliche Ansichten.

An den Flughäfen Memmingen und Nürnberg sind vor den Pfingstferien mehrere Schulschwänzer enttarnt worden. Die Jugendlichen waren mit ihren Familien in den verfrühten Urlaub unterwegs, wurden von der Polizei kontrolliert - und konnten keine Schulbefreiung vorweisen. Lehrer- und Elternvertreter sehen dieses Verhalten kritisch. Die SZ-Leser sind zwiegespalten:

"Manchmal auch mit Erlaubnis des Schuldirektors"

Ich habe in der Vergangenheit selbst gelegentlich die Schule geschwänzt, um in den Skiurlaub zu fahren. Manchmal auch mit Erlaubnis des Schuldirektors, da meine Noten ohnehin immer sehr gut waren; in diesem Fall wurde das dem Direktor dann als Bildungsreise verkauft. In anderen Fällen habe ich mich eben krank gemeldet. Nur einmal wurde es knapp, als ich mir beim Skifahren ein Bein gebrochen hatte. Aber da wurde dann gesagt, dass der Beinbruch der Grund (und nicht die Konsequenz) meines Fehlens war. Ich bereue das nicht.

In der Woche vor den Ferien unterrichten ohnehin viele Lehrer nicht mehr wirklich; vor den Sommerferien wird das Schuljahr zu Ende aufgerollt und es werden beispielsweise Filme geschaut, und vor den Weihnachtsferien sind viele Lehrer in Weihnachtsstimmung und versuchen, ihr Unterrichtsfach entsprechend zu gestalten, was dann aber häufig keine besonders lernrelevanten Inhalte mehr mit sich bringt. Meiner Meinung nach stehen in diesem Grenzfall die Eltern moralisch dafür in der Verantwortung. Wenn sie meinen, dass die Noten ihres Kindes gut genug sind, sollen sie von mir aus gerne in Urlaub fahren, wann sie wollen. Umgekehrt können sie das Kind schließlich auch in den Ferien - einer eigentlich schulfreien Zeit - für die Schule lernen lassen. Jens N.

"Es gibt genug Reglementierungen"

Ich bin mit 16 Jahren einmal mit einer Familie aus Baden-Württemberg in den Urlaub gefahren. Wir kamen erst am ersten Schultag zurück. Die Schule hatte damals keine Handhabe frei zu geben, zog aber keine Konsequenzen, da wir fragten. Damals holte mich mein Vater am Frankfurter Flughafen ab und wir fuhren direkt nach Hause, um nicht noch einen Schultag zu verpassen. Ich bin für die flexiblere Gestaltung. Es gibt genug Reglementierungen. Martina S., Regensburg, 49 Jahre

"Eigentlich läuft schon ab Notenschluss gar nichts mehr"

Wir haben es noch nie getan, aber schon manches Mal daran gedacht - ein paar Tage vor Ferienbeginn in den Urlaub zu fahren. Denn mit vier Kindern macht das gut und gerne mal etliche hundert Euro Ersparnis aus, wenn man an einem Mittwoch oder Donnerstag VOR den Ferien in den Urlaub fliegt. Familien werden immer gerne zur Kasse gebeten.

Aber was mich noch viel mehr ärgert: Spätestens drei Wochen VOR den Sommerferien werden die Kinder gebeten, ihre Schulbücher abzugeben. Ab diesem Zeitpunkt wechselt sich "Filme schauen" mit "Eigenarbeit" ab. Eigentlich läuft schon ab Notenschluss gar nichts mehr in der Schule und die Kinder sitzen die Zeit bis zu den Ferien ab. Manchmal wird die Zeit für Projekte genutzt, zu denen man im Schuljahr nicht kam. Aber das ist selten. Und auch bei den kürzeren Ferien ist der letzte und vorletzte Tag meist nicht mehr sehr ergiebig. Wie wäre es, die Schulen und Lehrer würden bis zuletzt ihre Arbeit machen, (evtl. nochmal den Stoff des Schuljahrs wiederholen und den einzelnen Schülern zu helfen oder sie zu fördern) dann gräme ich mich auch nicht darüber, wenn ich die hohen Preise ab Ferienbeginn bezahlen muss. Claudia E., 53 Jahre

"Wir haben nicht das Recht, Kinder einfach aus der Schule zu nehmen"

Ich habe zwei leibliche Kinder und ein 'Stiefkind' in meiner zweiten Ehe. Alle drei Kinder sind mittlerweile erwachsen und aus dem Haus, teilweise haben sie bereits eigene Kinder. Meine Meinung Thema ist: Ja, es ist ok, Schulschwänzer zu bestrafen, das sieht unser Gesetz so vor. Wir haben eine Schulpflicht und wir haben nicht das Recht, Kinder einfach aus der Schule zu nehmen - und schon gar nicht für Wochen, nur um billig in den Urlaub zu fahren/fliegen.

Ich erinnere mich an meine Kindheit, meine Eltern waren auch nicht wohlhabend und wir sind selten in den Urlaub gefahren, das war gesellschaftlich aber auch kein Problem. Aber heute muss man ja immer in den Urlaub, sonst gilt man als Niemand - und das geht ja mal gar nicht. Oder woran liegt es?

Ich habe meine Kinder, bzw. eins meiner Kinder, auch einmal für drei Tage vom Unterricht befreien lassen. Wir lebten damals in Scheidung, meine Tochter lebte bei mir, mein Sohn bei seiner Mutter. Damit mein Sohn mit uns in Urlaub fahren kann, haben wir ihn drei Tage von der Schule befreien lassen, was kein Problem war, man muss halt nur fragen. Der Grund dafür war, das wir zu damaliger Zeit in Berlin lebten, mein Sohn im Land Brandenburg (am Stadtrand von Berlin) und die Ferientermine leicht unterschiedlich waren. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, meine Kinder für Wochen befreien zu lassen, nur um günstig in den Urlaub zu kommen, dann hätte ich eher auf die Reise verzichtet bzw. mir eine Reise ausgewählt, die meinem Geldbeutel entspricht und in der Ferienzeit liegt. Rainer N., Hamburg, 61 Jahre

"Richtig, dass die Polizei hier nachfragt"

Ich habe zwei nicht mehr schulpflichtige Kinder mit 19 und 17 Jahren. Ja, auch wir haben unsere Kinder einmal zwei Tage vor den Sommerferien aus der Schule genommen, aber mit offizieller Befreiung durch die Direktion. Ich finde es völlig normal, dass es Situationen gibt, in denen man gerne oder gezwungenermaßen (wenn ein naher Verwandter heiratet oder Geburtstag hat, oder ein Schiff eben so ungeschickt ablegt) früher los will oder muss. Hierfür gibt es Regeln, die weder ungerecht noch schwer zu befolgen sind.

Man muss sich überlegen, was man seinem Kind vorlebt, wenn man Schwänzen unterstützt und demonstriert, wie man mit Lug und Trug durchkommt. Gerade auch deshalb finde ich es wichtig und richtig, dass die Polizei hier nachfragt und dass angemessene Strafen verhängt werden. Wenn wir vor 35 Jahren geschwänzt haben und so frech waren, im Cafe Keil in Gauting auf der Terrasse einen Kaffee zu trinken, dann hat die Polizei auch angehalten und "nachgefragt". Heute von Polizeistaat zu schwurbeln ist völlig daneben. Stefan N., 49 Jahre

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