Süddeutsche Zeitung

Hochschulförderung:Bye, bye Elite-Unis

  • Ende 2017 läuft die Exzellenzinitiative der deutschen Hochschulen aus - bis heute sind etwa fünf Milliarden Euro in die Forschung geflossen.
  • Durch den Wettbewerb konnten hervorragende Bedingungen für Forscher geschaffen werden.
  • Ein Anschluss-Konzept ist noch nicht beschlossen, doch in der Union plant man anscheinend, einige wenige Standorte zu fördern - Berlin und München gehören dazu.
  • Diese Konzentration der Förderung wird von kleineren Hochschulen kritisiert.

Von Johann Osel

Der Name klingt imposant, auch wenn er nie ein offizieller Titel war: "Elite-Universität". Die Auszeichnung für ganze Hochschulen galt stets als Attraktion der Exzellenzinitiative - viel präsenter als ihre beiden anderen Säulen, die Förderung von zuletzt jeweils gut 40 Doktorandenschulen und Forschungsbereichen, den "Clustern". Wohlgemerkt: galt.

Über den Wettbewerb sind seit 2005 etwa fünf Milliarden Euro zusätzlich in Forschung geflossen, Ende 2017 läuft er aus. Und immer deutlicher zeichnet sich ab: Die Exzellenzuniversitäten - aktuell sind es elf - werden im künftigen Konzept wohl abgeschafft.

"Wozu brauchen wir den Elite-Stempel?"

"Was bleiben muss, ist der Exzellenzgedanke, der offene Wettbewerb. Ich kann mir aber eine Exzellenzinitiative ohne den 'Elite-Titel' sehr gut vorstellen", sagt der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Horst Hippler, der Süddeutschen Zeitung. "Wozu brauchen wir den Elite-Stempel? Ob die LMU in München, nur ein Beispiel, nun dieses Etikett hat oder nicht: Jeder weiß, dass das ein guter Laden ist. Das gleiche lässt sich über viele andere sagen."

Hippler war vor seinem Amt im Dachverband Chef des damaligen Exzellenz-Standorts Karlsruhe und als Befürworter des Elite-Konzepts bekannt. Auch aus Sicht des Bundesbildungsministeriums "ist die bloße Fortschreibung von Förderlinien nicht zielführend", wie es etwas nebulös im Haus von Johanna Wanka (CDU) heißt. Das klingt auch nach einer Abkehr von der Elite-Kür. Doch was kommt stattdessen?

Schon in Kürze wollen sich Bund und Länder auf ein vorläufiges Konzept einigen

Die Gewinner-Unis bisher, in allen drei Förderlinien, konnten herausragende Bedingungen für Forscher schaffen. Dass Deutschland hinter den USA und Großbritannien drittbeliebtestes Gastland für internationale Wissenschaftler ist, verdankt man auch dem Wettbewerb.

Bund und Länder sowie die Berliner Koalitionsfraktionen von Union und SPD haben sich daher schon grundsätzlich geeinigt: Es geht weiter mit der Exzellenzinitiative, zehn Jahre mindestens, wieder mit vielen Milliarden Euro. Wie das neue Konzept aussieht - darauf hat man sich noch nicht verständigt. Während die SPD in Bund und Ländern dem Vernehmen nach die Förderung möglichst breit aufstellen will, denkt man in der Union an eine Art Super-Elite: ganz wenige Standorte mit weltweiter Strahlkraft.

Das wären dann nicht elf Elite-Unis wie derzeit, und auch nicht nur Hochschulen - sondern womöglich drei Regionen, in denen Unis und Partner wie Max-Planck-Institute als Standort Geld erhalten. Man werde sicher "nicht das Geld mit der Gießkanne ausschütten", heißt es in Unionskreisen.

Das Konzept liefe von vornherein stark auf München und Berlin hinaus - in den beiden Städten stehen schon je zwei Elite-Unis, es gibt ein dichtes Netz weiterer Forschungsinstitute. Bei der Initiative bisher gab es durchaus Überraschungen, es wurden nicht nur finanzstarke Unis noch stärker gemacht. Gute Beispiele sind die "Elite-Unis" Bremen oder Dresden.

Außer den Spitzen-Regionen dürfte es auch künftig eine zweite Förderschiene geben. Aber selbst wenn alles nach dem Willen der SPD ginge, liefe der Wettbewerb nicht mehr so flächendeckend ab wie mit Doktorandenkollegs und Clustern. Bei den Sozialdemokraten ist vielmehr die Rede davon, maximal zwei Dutzend forschungsstarke Unis zu fördern, eher weniger, eventuell als Gemeinschaftsanträge nach Fächern. Hippler sagt: "Eine starke Begrenzung auf vereinzelte Spitzenzentren oder Regionen, wie sie momentan diskutiert wird, wird dem System nicht gerecht." Er erwägt einen Ausbau oder die Kombination von Doktorandenschulen und Clustern.

Es kann überall exzellente Bereiche geben

Besonders genau schauen diejenigen Unis der Politik auf die Finger, die bisher nicht oder wenig zum Zuge kamen. Die TU Kaiserslautern etwa sitzt nur bei einer Doktorandenschule, an der Uni Mainz, mit im Boot.

TU-Rektor Helmut J. Schmidt, der jüngst von der Professorengewerkschaft DHV zum "Rektor des Jahres" gewählt wurde, sagt: "Dass man drei oder vier Regionen als absolute Elite definiert - da sehe ich kein Problem. Daneben aber noch eine Gruppe von 15 oder 20 Unis als forschungsstark zu benennen, und der Rest wäre sozusagen zweite Liga, ignoriert völlig, dass es überall exzellente Bereiche geben kann."

Offiziell hat sich die Politik zum Warten verpflichtet. Wie erfolgreich die Initiative bisher war, soll der Bericht einer externen Kommission zeigen, im Januar. Auf dessen Basis wollte man handeln. So lange scheint nun aber keiner mehr warten zu wollen; es droht die Gefahr, dass die Initiative endet und kein Nachfolge-Projekt startklar wäre.

Am Ende könnte der Bericht, so meint ein Insider, "höflich angenommen werden, aber längst ist alles eingetütet." Noch im Sommer wollten sich Staatssekretäre von Bund und Ländern treffen, um sich vorläufig zu einigen. Von den elf Exzellenz-Universitäten jedenfalls kann nach dem jetzigen Stand ein Großteil schon mal neue Briefköpfe bestellen.

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SZ vom 21.08.2015/chwa
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