Eben das ist ein Streitpunkt. Es gibt bereits allerorten Kooperationen von Hochschulen und Wirtschaft: Vor allem an den Fachhochschulen ist der Austausch mit Firmen meist eng, durch Praxissemester und an den örtlichen Mittelstand angedockte Abschlussarbeiten; auch Universitäten bieten heute in vielen Fächern Praxisübungen und gemeinsame Projekte mit der Wirtschaft; und duale Studiengänge, die akademische und betriebliche Ausbildung kombinieren, florieren. Maßgeblich sei jedoch, heißt es in der Hochschulszene, dass die Wissenschaft weiterhin das Sagen habe.
Ein Strategiepapier der Bundesverbände Arbeitgeber und Industrie (BDA und BDI) beschrieb das mal genau andersrum: Die Hochschule habe dafür "zu sorgen, dass ihr Profil zu den Anforderungen der Stakeholder passt". Diplomatischer soll es in einem neuen Papier zugehen, an dem nach SZ-Informationen gerade der BDA mit der Hochschulrektorenkonferenz und dem Deutschen Gewerkschaftsbund arbeitet. Wissenschaft, Persönlichkeitsbildung und Arbeitsmarktvorbereitung werden als "drei zentrale Dimensionen akademischer Bildung" definiert - sie seien je nach Fach unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) soll bei den laufenden Verhandlungen über das Dokument mit am Tisch sitzen, der Stifterverband ist ebenso involviert.
Gut die Hälfte der Befragten in dessen Erhebung plädiert für ein individuelleres Studium, weniger Vorgaben also. Der Wille dazu ist nach all den leidigen Bachelor-Debatten bei Hochschulen und in der Politik vorhanden (siehe Kasten). Überraschend in der Umfrage: Dass das Studium der Zukunft digital läuft, glauben Firmen nicht. 45 Prozent erwarten, dass es digitale Hilfsmittel zum Selbstlernen gibt. Eine Online-Lehre, die klassische Vorlesungen ersetzt, können sich gerade mal 28 Prozent der Befragten vorstellen. Die "digitale Bildungsrevolution", wie vielfach von Experten vorausgesagt - offenbar gar nicht so wichtig.
Forschende Geister, und zwar mit Bachelor-Abschluss - das passt nicht recht zusammen
Anders ist es beim Umgang mit digitalen Technologien, er gilt Firmen als drittwichtigste aller Kompetenzen. Auf Rang zwei: Fremdsprachen. Vorne: eben Praxisbezug (70 Prozent). Ein Auslandsaufenthalt im Studium ist dagegen nicht so wichtig, wie zu vermuten wäre, nur jeder dritte Chef besteht auf dem Semester in der Ferne. Für überdurchschnittliche Noten sehen nur 27 Prozent wachsende Relevanz.
Auch eher unerwartet: Dass ein Master-Abschluss, der nach sechs Semestern Bachelor anstünde, wichtiger wird, behauptet nur gut ein Drittel. Schon früher hatten zwar Studien des Stifterverbands verkündet, dass der Bachelor voll tauglich sei zum Job-Einstieg. Abweichende Meldungen kamen aber zum Beispiel vom Deutsche Industrie- und Handelskammertag, magere 47 Prozent der Firmen sind demnach mit dem Bachelor-Nachwuchs glücklich.
Dass die für den Hochschulreport befragten Firmen einerseits forschende Geister wünschen, andererseits den vertiefenden Master als zweitrangig erachten - so recht mag das nicht zusammenpassen. Man fühlt sich an die Mahnung mit den "eierlegenden Wollmilchsäuen" erinnert.