Hochschulen im Vergleich:"Ranglisten sind sexy"

Uni-Rankings gelten als unseriös, trotzdem schaut jeder auf die Ergebnisse. Jetzt will die EU eine eigene Hitliste erstellen - und so die heimischen Hochschulen ein paar Plätze nach oben befördern.

J. Rubner

Mit den Hochschul-Rankings ist es ein wenig wie mit gewissen Zeitschriften. Nur wenige Männer würden offen zugeben, den Playboy zu abonnieren, aber wenn sie ein Exemplar in die Finger bekommen, blättern sie selbstverständlich darin. Auch Uni-Rankings haftet der Ruch des Unseriösen an, aber jeder Rektor will dennoch wissen, wie seine Uni abschneidet. Selbst deutsche Exzellenz-Einrichtungen liegen dabei weltweit auf den hinteren Plätzen.

Hochschulranking Oxford, Getty

Politur fürs Image: Die Elite-Universität Oxford hat das nicht mehr nötig - die deutschen Hochschulen schon.

(Foto: Foto: Getty)

In die Spitzengruppe der - neben dem Ranking der Londoner Times (www.topuniversities.com) - bekanntesten weltweiten Rangliste "Shanghai Ranking" (www.arwu.org) schaffen es mit steter Regelmäßigkeit nur die zwei britischen Eliteunis Oxford und Cambridge sowie, mit Platz 23 als beste auf dem Festland, die ETH Zürich. Die zwei Münchner Hochschulen mussten sich 2009 mit den Plätzen 55 und 57 begnügen.

Das ist ein Ärgernis für die EU, die findet, ihre etwa 4000 Hochschulen hätten Besseres verdient. Deshalb hat die EU-Kommission ein von der Methode her ausgefeilteres Ranking in Auftrag gegeben. Treibende Kraft hinter dem Vorhaben waren die Franzosen, die ihre Hochschulen für chronisch unterschätzt halten.

Die ersten Vorarbeiten für das europäische Ranking sind jetzt abgeschlossen, in Kürze sollen 150 Hochschulen vor allem aus Europa, aber auch aus den "Konkurrenzregionen" USA und Asien ausgewählt werden, an denen man die neue Bewertungsmethode testen will.

Rot für das untere Drittel

Die Kritik an Rankings ist so alt wie die Ranglisten selbst. Denn für jede Bewertung muss man eine Gewichtung vornehmen: Welchen Einfluss hat die Zufriedenheit der Studenten auf die Note? Wie stark berücksichtigt man Forschungsleistungen? Welche Rolle spielt die Internationalität? Es sind Fragen, die zudem von den jeweiligen Fächern abhängen. Das Gütersloher Centrum für Hochschulentwicklung (CHE), das in Deutschland ein Quasi-Monopol auf Uni-Rankings hält, differenziert deshalb nach Disziplinen. Und es lehnt eine Punktetabelle nach dem Schema einer Hitliste ab, weil diese eine falsche Genauigkeit vorgaukelten.

So ist etwa die Uni Straßburg im Shanghai-Ranking in zwei aufeinanderfolgenden Jahren um 50 Punkte abgesackt, nur weil ein Nobelpreisträger emeritiert wurde. Das CHE wertet nur in Gruppen nach dem Ampel-Schema: grün für das obere Drittel, rot für das untere Drittel.

"Das Times- und das Shanghai-Ranking haben wesentliche Schwächen", sagt CHE-Leiter Frank Ziegele. "Sie bewerten erstens nur die messbare Forschung - was Grundlagenforschung und insbesondere Naturwissenschaften bevorzugt. Zweitens bevorteilen sie wegen der starken Wichtung von Publikationen englischsprachige Hochschulen." Nicht nur die Hochschulen außerhalb des angelsächsischen Raumes würden benachteiligt, sondern auch solche mit besonderem Profil. Die University of Strathclyde in Glasgow etwa genießt einen hervorragenden Ruf beim Transfer von Wissen auf regionaler Ebene, weil sie sich auf praktische und berufliche Themen spezialisiert hat - in einem internationalen Ranking hat sie aber nicht den Hauch einer Chance, unter die 500 Besten zu kommen. Auch St. Gallen schneidet im Times-Ranking eher schlecht ab, weil die Besonderheiten einer auf Wirtschaft spezialisierten Hochschule nicht berücksichtigt wird.

"Unis haben Angst"

Nun also sollen die zwei weltweiten Marktführer Konkurrenz bekommen, wobei die EU-Kommission das eigentliche Ranking noch nicht in Auftrag gegeben hat. Denn auch in Brüssel ist eine EU-Hitliste umstritten. Zunächst gibt die Kommission 1,1 Millionen Euro aus, um die Methodik zu entwickeln. Mehrere europäische Institute sind daran beteiligt, die Federführung liegt beim CHE und dem Center for Higher Education Policy Studies im niederländischen Twente. Klar ist bereits, dass fünf Dimensionen entscheidend sind, wie Robin van Ijperen von der Kommission erklärt: Qualität der Lehre, Berufsbefähigung beziehungsweise der Wert der Diplome, Innovationsfähigkeit, Internationalität und der regionale Einfluss.

Jetzt steht die Pilotphase an, in der am Beispiel der Wirtschafts- und der Ingenieurswissenschaften an 150 Unis erprobt werden soll, welche Indikatoren für die fünf Dimensionen wichtig sind und wie man sie misst. Jeweils vier bis fünf Indikatoren, schätzt Frank Ziegele, werden am Ende genutzt werden, insgesamt also 20 bis 30.

Ranking à la carte

Dabei sei auch zu klären, welche kulturellen Unterschiede ein Ergebnis beeinflussen können. Denn legt ein Professor in Malta dieselben Maßstäbe bei der Bewertung eines Kollegen an wie ein Norweger? Danach soll entschieden werden, ob und wie es das EU-Ranking geben wird: als echte Hitliste, als Sammlung mehrerer, nach Dimensionen getrennter Ranglisten oder auch nur als Ranking à la carte, das sich jeder Nutzer nach seinen Vorlieben erstellt.

Das könnte noch zu Streit führen: "Viele Einrichtungen haben Angst, sich vergleichen zu lassen", sagt van Ijperen, schließlich gebe es in Europa große Qualitätsunterschiede. "Andererseits sind Ranglisten sexy." Studenten und Arbeitgeber hätten großes Interesse daran. In der Eurobarometer-Umfrage von 2009 sagten drei Viertel der Befragten, sie hielten Rankings für nützlich. "Hochschulrankings sind nun einmal in der Welt - besser, wir stellen uns dem Wettbewerb", sagt van Ijperen. Und weil die EU schon darauf geachtet hat, dass möglichst viele Faktoren berücksichtigt werden, ist kaum zu befürchten, dass Europas Hochschulen allzu schlecht dastehen werden. Zumindest in einer Eigenschaft ist doch jeder spitze.

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