Hochschulabsolventen:Der Master ist das neue Diplom

Zu wenig Wissen, zu wenig Erfahrung: Seit dem vergangenen Studienjahr verlassen mehr Bachelor die Universitäten als junge Leute mit einem klassischen Abschluss - doch die Unternehmen hadern mit den Jung-Akademikern. Auf viele Stellen wollen sie Master-Absolventen sehen.

Im Prüfungsjahr 2010 haben die Hochschulen in Deutschland zum ersten Mal mehr Bachelor-Absolventen entlassen als junge Leute mit traditionellen universitären Abschlüssen. Doch die reformierten Abschlüsse stoßen nicht überall auf ungeteilte Zustimmung: Nur jedes fünfte Unternehmen beurteilt die Umstellung von Diplom- auf Bachelor- und Masterstudiengänge generell als positiv.

Und nur ein Viertel der Großunternehmen ist der Ansicht, dass Bachelorabsolventen die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten mitbringen, die in ihrem Unternehmen benötigt werden. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie Recruiting Trends 2012, die das Centre of Human Resources Information Systems (Chris) der Universitäten Bamberg und Frankfurt am Main in Kooperation mit dem Online-Karriereportal Monster erstellt hat.

Etwa die Hälfte der 1000 größten Unternehmen in Deutschland sind der Meinung, dass der Master der reguläre Studienabschluss sein sollte. Entsprechend schreiben 57 Prozent freie Stellen, die früher an Diplomabsolventen gerichtet waren, jetzt für Masterabsolventen aus. Nur jede dritte Vakanz richtet sich an Kandidaten, die ein Bachelorstudium abgeschlossen haben. "Die Umstellung der Studienabschlüsse in Deutschland und 46 weiteren Staaten bringt an sich viele Vorteile: Die Absolventen sind jung, viele bringen Auslandserfahrung mit, sind mobil und bereit sich weiterzubilden", sagt Bernd Kraft von Monster.

Allerdings gibt er zu bedenken, dass Studenten in der verkürzten Studienzeit nicht das gleiche Fachwissen erwerben können, wie es Diplomabsolventen mitbrachten. "Das erfordert ein Umdenken auf Unternehmensseite, bietet aber auch die Chance, Fachkräfte früh für sich zu gewinnen, den eigenen Anforderungen entsprechend weiterzubilden und als Mitarbeiter langfristig ans Unternehmen zu binden."

Mittelständische Unternehmen in Deutschland stehen dem Bachelor indes weniger kritisch gegenüber. Etwa 41 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Bachelorabsolventen über die notwendigen Kenntnisse für eine Stelle in ihrem Unternehmen verfügen. 37 Prozent der Stellen in mittelständischen Firmen, die sich früher an Diplomabsolventen richteten, sind nun an Bachelorabsolventen adressiert. Nur geringfügig mehr Stellen (39 Prozent) werden für Masterabsolventen ausgeschrieben.

"Unternehmen und Kandidaten lernen gerade, sich in der neuen Bachelor- und Masterwelt zurechtzufinden. Die Unternehmen müssen teils neue Unikooperations- und Praktikumskonzepte entwickeln, die zum Studienverlauf der Studenten passen, und die Studenten müssen die neuen Möglichkeiten, wie insbesondere noch leichter Auslandssemester machen zu können, auch wirklich nutzen", sagt Tim Weitzel, Professor für Informationssysteme in Dienstleistungsbereichen der Universität Bamberg. "Die Umstellung auf einen einheitlichen Europäischen Hochschulraum läuft nun seit zwölf Jahren unter den Augen der Unternehmen und Universitäten, jetzt sollten wir die Chancen nutzen und das Beste daraus machen."

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