Hirndoping:Ohne Pille

Helfen so viele Studenten dem Lernerfolg mit legalen oder gar illegalen Mitteln nach, wie oft vermeldet wird? Nein, es sind nur wenige, sagt nun eine neue Studie.

Von Johann Osel

Eine typische Frage in einem Onlineforum für Studenten, derlei Beiträge lassen sich hundertfach im Netz nachlesen: "Ich möchte meinen Kopf ein bisschen dopen, da ich seit ein paar Wochen nicht länger als vier Stunden am Tag lernen kann. Wer kennt sich damit aus?" Die Ratschläge, die von anderen Studenten und Absolventen auf solche Fragen erteilt werden, beginnen bei Rosenwurz, Baldrian und Kaffee, gehen über Koffeintabletten oder Johanniskraut - und enden bei starken Schmerzmitteln, Ritalin oder gar Speed. "Hirn-Doping" - in Analogie zum Doping im Sport - ist inzwischen zu einem Modebegriff geworden, es ist in Firmen und auch Hochschulen absolut üblich, wie es oft heißt. Aber stimmt das wirklich? Helfen viele Studenten dem Lernerfolg nach?

Wie kann man besser lernen? Ratschläge in Internet-Foren reichen von Baldrian bis Speed

"Ohne Pillen zum Studienerfolg" lautet nun das Fazit einer Untersuchung, die das Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums angefertigt hat. Die repräsentative Befragung von Studenten zeigt: Der Anteil der Studenten, die Hirn-Doping betreiben, also Medikamente oder legale wie illegale Drogen nehmen, um ihr Studium zu bewältigen, liegt bei sechs Prozent. Anders gesagt: nur sechs Prozent.

Die tatsächliche Verbreitung des Phänomens sei, schreiben die Autoren, geringer als durch zahlreiche Medienberichte zum Thema gemeinhin angenommen. Zudem sei der Konsum im Vergleich mit früheren Erhebungen "unverändert gering". Auch wenn das Studium "erwartungsgemäß zu den Lebensbereichen zählt, die eine Quelle für Belastung oder Stress sind", greifen Studenten "keineswegs unverzagt zu einer Pille". Allerdings kommt zu den sechs Prozent, die nach eigenen Aussagen verschreibungspflichtige Medikamente oder Drogen brauchen, um beim Lernen länger durchzuhalten, noch hinzu: der Konsum frei verkäuflicher Mittel wie Koffeintabletten, Energiegetränke, Schlafmittel, Vitaminpräparate oder homöopathische Substanzen. Inklusive solcher Mittel putschen sich aber insgesamt auch nur acht Prozent der Studenten auf, in der Vorläufer-Studie vom Jahr 2011 taten dies fünf Prozent. Das "softe Hirn-Doping" ist unter Studentinnen etwas stärker verbreitet, bei jeder zehnten Frau im Hörsaal.

Konsumenten - von illegalen wie legalen vermeintlichen Hilfsmitteln - "geht es auf vielen Ebenen nicht gut", haben die Forscher vom DZHW in ihren Umfragen festgestellt: Viele fühlten sich stark gestresst, seien mit ihrem Leben deutlich unzufriedener als die Mehrheit der Studenten, oft sähen sie sich nicht nur an der Uni belastet, sondern auch bei Partnerschaft, Nebenjobs oder Gesundheit. Unterm Strich geben die Autoren aber durchaus Entwarnung beim Thema Hirn-Doping. Es werde "viel spekuliert", heißt es auch vonseiten der Bundesregierung. Deren Drogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) teilte dazu mit: Die Ergebnisse der neuen Studie seien "erfreulich"; sie zeigten, "dass die große Mehrheit der Studierenden nicht zu Lasten ihrer eigenen Gesundheit mit Drogen oder Medikamenten experimentiert".

Die Studie weist aber auch darauf hin, dass Studenten generell häufig rauchen und Alkohol trinken. Diejenigen Hochschüler, die leistungssteigernde Substanzen einnehmen, noch häufiger: So rauchen in der Gruppe der Hirn-Doper anteilig doppelt so viele (47 Prozent) wie unter allen Studenten. Und die Hälfte der Pillenschlucker trinkt mindestens einmal pro Woche Alkohol.

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