Hessen:Gericht verurteilt Homeschooling-Eltern zu Geldstrafe

Prozess Schulverweigerer

Vom Amtsgericht Fritzlar wurde das Ehepaar S. (im Bild mit drei seiner neun Kinder) zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt.

(Foto: dpa)

Ein Ehepaar aus Hessen muss eine Geldstrafe zahlen, weil es seine Kinder zu Hause unterrichtet. Die neunfachen Eltern sind strenggläubig und standen bereits in der Vergangenheit wegen Homeschoolings vor Gericht. Auch nach dem jüngsten Urteil zeigt sich der Vater uneinsichtig.

Seit 20 Jahren kämpft ein Ehepaar aus Hessen gegen die deutsche Schulpflicht. Jetzt wurden die Eltern, die ihre Kinder zu Hause unterrichten, zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt. Nicht zum ersten Mal.

Dass das strenggläubige Paar aus Homberg/Efze seine Kinder nicht zur Schule schicke, sei rechtlich strafbar, erklärte die Richterin des Amtsgerichts Fritzlar. Sie verurteilte die Eltern, insgesamt 700 Euro zu zahlen. Ihnen war laut Anklage ein Verstoß gegen das hessische Schulgesetz vorgeworfen worden.

Die jüngeren der neun Kinder werden vor allem von der 47-jährigen Mutter unterrichtet. Die älteren Kinder, die auch zu Hause unterrichtet worden waren, haben über Prüfungen staatliche Haupt- oder Realschulabschlüsse mit sehr guten Noten erreicht und auch Berufsausbildungen absolviert.

Paar kündigt Widerstand an

Das Paar kündigte noch im Gerichtssaal an, gegen die Entscheidung vorzugehen. "Das Urteil kommt nicht überraschend. Wir werden so weitermachen wie bisher", sagte der 51-jährige Vater. "Bevor wir unsere Kinder in eine zweifelhafte Umgebung geben, nehmen wir das lieber selber in die Hand." Er wolle selbst über Bildungsziele und das -klima entscheiden.

Die Eltern kämpfen seit zwei Jahrzehnten für das sogenannte Homeschooling. Bereits zuvor waren sie zweimal zu Geldstrafen verurteilt worden.

Die Richterin betonte in ihrer Urteilsbegründung, es gehe beim Unterrichten nicht nur um Wissen, sondern auch darum, sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen. Der Lehrerfolg der Eltern sei angesichts der Leistungen der älteren Kinder zwar unzweifelhaft. Es sei allerdings fraglich, ob die Kinder angesichts der Noten nicht auch Abitur hätten machen können.

Die Staatsanwaltschaft hatte für das Paar sechs Monate Haft gefordert, weil sie Wiederholungstäter seien. Der Verteidiger des Mannes forderte einen Freispruch, die Anwältin der Frau beantragte eine Geldstrafe.

"Sie versuchen, sich eine kleine eigene Welt zu schaffen", kritisierte Jochen Nagel, Vorsitzender der Lehrergewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen. Bildung sei jedoch ein kollektiver Prozess. "Kinder lernen miteinander und voneinander. Sie lernen, die Eigenheiten der anderen zu akzeptieren."

Bis zu 500 Kinder im Homeschooling

Nach Angaben des hessischen Kultusministeriums gibt es maximal drei Familien in Hessen, die das umstrittene Homeschooling betreiben, in der Regel aus religiösen Motiven. Bundesweit gehen Schätzungen von bis zu 500 Kindern aus, die zu Hause unterrichtet werden.

In anderen Ländern ist Homeschooling im Gegensatz zu Deutschland erlaubt und gilt als Elternrecht. In den USA beispielsweise lernen Schätzungen zufolge bis zu zwei Millionen Kinder bei ihren Eltern.

Ein Paar aus Baden-Württemberg, bibeltreue Christen, beantragte vor Jahren sogar Asyl in den USA, um ihre Kinder zu Hause unterrichten zu können. Ein US-Gericht lehnte den Antrag jedoch jüngst ab.

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