Hauptschule:Ungewisse Aussichten

Fast jeder zweite Hauptschüler in Deutschland fühlt sich von ungewissen Zukunftsaussichten verunsichert - deutlich mehr als noch vor fünfzehn Jahren. Der Grund: Sie profitieren kaum von der guten wirtschaftlichen Gesamtlage.

Von Paul Munzinger

Fast jeder zweite Hauptschüler in Deutschland fühlt sich von ungewissen Zukunftsaussichten verunsichert - deutlich mehr als noch vor fünfzehn Jahren. Das geht aus einer Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) hervor, für die bundesweit knapp 1200 Schüler kurz vor dem Hauptschulabschluss befragt wurden. Die Untersuchung liegt der Süddeutschen Zeitung exklusiv vor. Keine Frage treibt die befragten Jugendlichen demnach mehr um. Nicht zu wissen, was einmal aus ihnen wird, empfinden 46 Prozent von ihnen als Belastung. Das Thema rangiert damit weit vor gesundheitlichen Problemen (37 Prozent) sowie Ärger mit den Eltern (27 Prozent) oder mit Gleichaltrigen (20 Prozent). Bei der letzten Befragung 2004 hatten nur 37 Prozent von Zukunftssorgen berichtet. Jeder vierte Jugendliche verlässt die Schule maximal mit einem Hauptschulabschluss.

Die Zahlen spiegeln laut DJI wider, dass Hauptschüler kaum von der guten wirtschaftlichen Gesamtlage profitieren. So habe sich zwar der Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt, dennoch erhalte nur jeder zweite Schulabgänger mit Hauptschulabschluss eine vollwertige Ausbildungsstelle. "Dieses Ergebnis weist darauf hin, dass sich trotz der steigenden Zahl an unbesetzten Lehrstellen bei Jugendlichen mit Hauptschulabschluss große Unsicherheiten zeigen", sagt Studienleiterin Birgit Reißig. In der Befragung gaben mehr Männer als Frauen an, sich unsicher zu fühlen (54 gegenüber 40 Prozent).

Unter den angestrebten Berufen findet sich Einzelhandelskauffrau bzw. -mann bei Hauptschülerinnen auf dem ersten, bei Hauptschülern auf dem zweiten Platz. Dies deute, so die Studie, "auf die vorgezeichnete Ausübung von Dienstleistungsberufen im Niedriglohnsektor hin"; geringe Bildungsvoraussetzungen drohten sich so "in prekär entlohnte Beschäftigungsverhältnisse zu verfestigen". Darüber hinaus deuteten die Berufswünsche auf das Fortwirken überkommener Geschlechterklischees hin. Viele Schülerinnen wollen Erzieherin oder Arzthelferin werden, Schüler zieht es vor allem in männlich konnotierte Handwerksberufe wie Kfz-Mechatroniker, Tischler oder Schreiner.

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