Süddeutsche Zeitung

Gewalt und Mobbing:Direktor fordert Polizeischutz für Hauptschule

Zerstochene Autoreifen und fliegende Stühle: Weil die Lage an einer Hauptschule in einem Problemstadtteil Hannovers eskaliert, will der Schuldirektor Ausweispflicht, Kameraüberwachung und mehr Polizeipräsenz erwirken. Sein Brandbrief soll die Behörden aufrütteln.

Schlägereien, Erpressung und Mobbing unter Schülern, Drohungen und demolierte Lehrer-Autos - weil die Lage an der Kopernikus-Hauptschule in Garbsen bei Hannover eskaliert, hat der Direktor Polizeischutz für seine Schule verlangt. Auf einer Krisensitzung wollten Schule, Stadt und Polizei am Donnerstag das weitere Vorgehen beraten. "Die Situation hat sich zugespitzt", sagte die Sprecherin der Landeschulbehörde, Susanne Strätz.

Wie die Polizei bestätigte, kommt es an der Schule zu Straftaten. Mehr Polizeipräsenz, Videokameras, eine Ausweispflicht und eine bessere Abzäunung und Ausleuchtung des Schulgeländes hatte der Schuldirektor nach einem Bericht der Bild-Zeitung verlangt. Schüler mobbten und erpressten sich, es komme zu Schlägereien und an den Autos von Lehrern seien Scheiben eingeschlagen und Reifen zerstochen worden. Eine Lehrerin wurde gar mit einem Stuhl beworfen. Auf Nachfrage wollte der Schulleiter auf die Übergriffe nicht im Einzelnen eingehen.

"Wir wissen schon seit geraumer Zeit von sozialen Problemen im Umfeld der Schule", sagte Strätz. Die Schule liege in einem schwierigen Stadtteil. Deswegen gebe es bereits eine besondere Unterstützung mit zusätzlichen Unterrichtsstunden, einer Sozial-Pädagogin und einer Sprachförderung an der Schule. "In der jüngeren Geschichte gab es Disziplinlosigkeiten, seit einiger Zeit aber gibt es gehäuft Probleme mit einer kleinen Schülergruppe." Der Alltag seien die vom Direktor geschilderten Exzesse keineswegs.

Im Garbsener Problemstadtteil Auf der Horst vor den Toren der Landeshauptstadt ballen sich soziale Probleme, ein hoher Ausländeranteil und Sprachprobleme machen schon an den Grundschulen die Arbeit schwer. "Es ist eher ein gesamtgesellschaftliches Problem", räumt die Sprecherin der Schulbehörde ein.

"Hauptschule ist keine Sackgasse", heißt es zwar auf der Homepage der Kopernikus-Schule, wo auf die Möglichkeit höherer Abschlüsse hingewiesen wird. Direktor Albert Seufer aber ist Realist: "Wer nicht lernen will, ist auch nicht gegen seinen Willen zum Lernen zu zwingen", schreibt er unter dem Stichwort Motivation im Internet.

An Versuchen, den Schülern Halt und Perspektive zu geben, mangelt es an der Schule nicht. Schüler werden zum Streitschlichter ausgebildet, für die Sechstklässler gibt es ein Sozialtraining und nach den großen Ferien steht ein Projekt zur Alkoholprävention an. Eine Ausbildungslotsin kümmert sich um Schüler, "die ernsthaft eine Ausbildung anstreben" - die meiste Zeit fließt in die Hilfe beim Bewerben.

Ob das Krisengespräch gleich in weitere Maßnahmen mündet, konnten Stadt und Schulbehörde bislang noch nicht sagen.

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