Flüchtlinge an Hochschulen:Einschreiben, bitte!

Studenten im Hörsaal

Studenten verfolgen an der Universität Köln eine Vorlesung. Aufgenommen im Mai 2011.

(Foto: dpa)
  • An immer mehr deutschen Universitäten bekommen Flüchtlinge die Chance, ein Studium aufzunehmen - auch wenn ihnen die notwendigen Dokumente dafür fehlen.
  • Dennoch sehen sich Asylbewerber beim Hochschulzugang weiterhin mit Problemen konfrontiert.

Von Anne Kostrzewa, Berlin

Wer in Deutschland einen Studienplatz ergattern will, hat es schon mit deutschen Zeugnissen nicht immer leicht. Noch schwieriger ist es für Flüchtlinge. Normalerweise wählen die Unis ihre Studenten selbst aus, die meisten Länder machen dazu keine Auflagen. Nur in Berlin war es Asylsuchenden und Geduldeten bislang nahezu unmöglich, sich an der Uni einzuschreiben. Die Ausländerbehörde berief sich dort auf eine Weisung, die diesen Antragstellern ein Studium "nicht gestattet".

Am Dienstag vergangener Woche kam nun die Kehrtwende. Der Berliner Senat stellte ein Papier vor, in dem es heißt, ein Studium solle künftig "nicht aufenthaltsrechtlich untersagt werden"- eine kleine Revolution. Noch Anfang August hatte Innensenator Frank Henkel (CDU) gesagt, er sehe "keinen Änderungsbedarf". Seine Verwaltung verwies auf "erhebliche Kosten", die einem "integrationspolitischen Ertrag" gegenüberstehen müssten. Kritik gab es vor allem vom Koalitionspartner. Bildungssenatorin Sandra Scheeres und Integrationssenatorin Dilek Kolat (beide SPD) hatten Henkel bereits im Mai schriftlich aufgefordert, die Auflagen fallen zu lassen.

Während die akademische Integration in Berlin jetzt langsam anläuft, sind andere Bundesländer schon deutlich weiter. Immer mehr Hochschulen nehmen Asylbewerber kostenfrei als Gasthörer auf, zum Beispiel in Bochum, Hildesheim, Bremen, Greifswald und Erlangen-Nürnberg. An der Hochschule Duisburg-Essen sollen Asylbewerber von Herbst an kostenlos studieren können. Die Uni Saarbrücken will sich mit fachspezifischen Deutschkursen und Eignungstest in den Landessprachen für asylberechtigte Flüchtlinge öffnen.

Das Land Baden-Württemberg vergab im Juni mithilfe des Deutschen Akademischen Austauschdienstes fünfzig Stipendien an junge Syrer, die in Deutschland weiterstudieren oder ein neues Studium aufnehmen wollen. Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte: "Die jungen Menschen sollen die Chance bekommen, ihre Zukunft aktiv zu gestalten und sich fest in der Gesellschaft zu verankern." Sollten die Stipendiaten zurück in ihre Heimat gehen, könnten sie womöglich den Wiederaufbau mit Wissen vorantreiben, das sie in Baden-Württemberg erworben haben.

Und in Niedersachsen haben sich neun Hochschulen zu einer vom Land geförderten Initiative zusammengeschlossen, die Lehramtsstudenten fit macht für Sprachkurse in Erstaufnahmestellen und Asylheimen. Die LMU München bietet Flüchtlingen kostenfreie Rechtsberatung und medizinische Versorgung an.

"Alle durchführbaren und angemessenen Schritte"

Nach wie vor gibt es für Asylbewerber aber Probleme beim Hochschulzugang. Nicht alle Unis können es sich leisten, Gebühren zu erlassen. Und um an geeigneten Unis zu studieren, müssen Asylsuchende in der Nähe untergebracht sein. Hoch qualifizierte Flüchtlinge mussten oft ihre Zeugnisse auf der Flucht zurücklassen. Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), rief die Unis deshalb auf, "die bestehenden rechtlichen Spielräume großzügig auszuschöpfen". Unter anderem verlangt die Lissabon-Konvention zur Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich, "alle durchführbaren und angemessenen Schritte" zu unternehmen, auch wenn Bewerber keine entsprechenden Nachweise haben. Die HRK fordert zudem mehr finanzielle Mittel für Unis und eine Aussetzung des Numerus clausus für anerkannte Flüchtlinge.

Das Bundeskabinett zog am Mittwoch die geplante Fristverkürzung für Bafög-Anträge vor. Wer 15 Monate im Land ist, darf demnach bereits von Januar an Förderung beantragen, nicht wie zuvor geplant erst im August 2016.

Uni-Städte in Deutschland

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