Ex-Lehrer:"Ein bisschen mehr Humor würde der Schule guttun"

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In seinem Buch spricht Ulrich Knoll über "33 Lehrer, mit denen Ihr Kind rechnen muss". (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Als Ulrich Knoll zur Schule ging, gab es noch viele Tyrannen hinterm Pult. Später ist er dann selber Lehrer geworden. Ein Gespräch über guten Unterricht und elterliche Gelassenheit.

Interview von Anna Driftschröer, Nürnberg

Der humorlose Mathe-Pauker, die grimmige Biologielehrerin oder die sympathische Grundschulpädagogin, die für ihre Schüler immer ein offenes Ohr hat. Typen wie diese schweben wohl jedem vor, der an seine Schulzeit zurückdenkt. Eine ganze Reihe von ihnen porträtiert der ehemalige Lehrer und Schulleiter Ulrich Knoll, 65, Wohnsitz in Nürnberg, in seinem Buch "33 Lehrer, mit denen Ihr Kind rechnen muss".

SZ: Herr Knoll, wenn Sie einmal an Ihre eigene Schulzeit denken, als Sie selbst als Bub die Schulbank drückten : Was für ein Lehrer hat sich Ihnen da ins Gedächtnis eingebrannt?

Ulrich Knoll: Na, das waren ja noch ganz andere Zeiten mit viel autoritäreren Typen. Bei uns gab es da zum Beispiel einen tyrannischen Mathematiklehrer, der nur schlechte Noten vergeben und ständig welche durchfallen lassen hat. Das war immer ein Gebrülle und eine Rechthaberei! In der Oberstufe haben wir uns irgendwann nichts mehr bieten lassen und angefangen, als "große Satiriker" die Lehrer zu veralbern - gemerkt haben sie es aber fast nie. Und ich erinnere mich noch gut an einen Geschichtslehrer, der ein fabulöser Entertainer war und die ganze Klasse mit seinen Geschichten begeistert hat.

In Ihrem Buch beschreiben Sie 33 Lehrertypen mit all ihren Macken - und geben Tipps, wie man am besten mit ihnen umgeht. Woher stammen denn all diese Typen?

Mit Stationen in Oberfranken, einem Collège International in Frankreich und als Leiter der Deutschen Auslandsschule Neu-Delhi in Indien hatte ich ja das große Glück, dass ich an vielen Schulen war. Und im Laufe dieser Jahrzehnte sind mir so einige Typen begegnet, da findet man mal etwas komisch, mal etwas interessant. Dann habe ich mir ein paar Notizen gemacht. Selbstverständlich sind die Personen keine Eins-zu-eins-Bilder, sie sind alle dekonstruiert und wieder neu zusammengesetzt. Aber ich denke, sie decken ein breites Spektrum der Lehrerschaft ab.

Schule
:Ulrich Knolls Lehrertypen

Erst war er selbst Lehrer, nun schreibt er über seine Ex-Kollegen: eine Auswahl aus Ulrich Knolls Lehrertypologie.

Seit der Veröffentlichung am 15. August ist das Buch vermutlich auch einer ganzen Reihe Ihrer damaligen Kollegen bekannt. Hat sich der ein oder andere wiedererkannt?

Es gab einige zarte Anfragen, ob man hiermit oder damit gemeint sein könnte. Aber darauf habe ich immer geantwortet: "Nein, das spielt ganz woanders, an einer ganz anderen Schulart, einer ganz anderen Schule." Viele fanden das Buch recht witzig und humorvoll.

Waren einige empört?

Ach nein, das Feedback war wirklich sehr positiv. Keiner hat sich aufgeregt, ich meine, worüber denn auch? Eine gewisse Selbstironie gehört zur Professionalität doch auch dazu. Manchmal muss man eben eine ironische Distanz zu den Dingen entwickeln. Und überhaupt, ein bisschen mehr Humor würde der Schule mal ganz gut tun.

Bei Studienrätin Anne Greulich oder auch "Aggro-Anne", wie Sie sie in Ihrem Buch nennen, sind Konflikte programmiert, weil sie mit ihrer rechthaberischen Art vor nichts und niemandem zurückschreckt. Wie viel davon ist heute Realität?

Es gibt tatsächlich immer wieder vereinzelt Lehrer, die so sind, aber ebenso haben wir besonders heutzutage auch viele klasse Lehrer, die die Kids motivieren. Natürlich hat man als Schüler mal Lehrer, bei denen man denkt, "Mensch, den möcht' ich nicht haben!" Aber man muss ja auch sehen, ein Lehrer ist jemand, der immer im Fokus steht, der schnell reagieren und eine Antwort parat haben muss - das unterscheidet ihn von manch einem, der den ganzen Tag im Büro sitzt und auch mal die Akten in die Ecke pfeffern kann. Darum sind manche Lehrer nach einigen Jahren vielleicht auch ausgebrannt, enttäuscht oder frustriert, was menschlich aber verständlich ist.

Als ehemaliger Schulleiter müssten Sie es doch wissen : W ie geht man als Rektor mit solchen Kollegen um?

Tja, das ist ein Dilemma. Wenn ich sehe, dass einer leider immer noch mit der Notenpeitsche arbeitet, zum x-ten Mal einen Schnitt von 4,5 ausgibt und sich auf die Beschwerden der Eltern mit faulen und dummen Schülern rausredet, dann muss ich als Schulleiter Stellung beziehen, ganz klar. Andererseits kann ich die Lehrkraft auch nicht völlig im Regen stehen lassen. Da hilft meist nur reden, reden, reden.

Was raten Sie Eltern in Sachen Schule?

Manchmal ein bisschen mehr Gelassenheit. Sie sollten die Lehrer nicht zu negativ sehen und sich klarmachen: Schule ist nie ein konfliktfreier Ort. Konflikte gehören zum Leben nun mal dazu, genauso wie Misserfolge. Vieles löst sich meist ohnehin von selbst. Falls es denn wirklich mal auffällig werden sollte und das Kind sich ungerecht behandelt fühlt, dann muss man mit dem Lehrer das Gespräch suchen. Ansonsten bei Kleinkram, tragt manches einfach mal mit Humor!

Als das Buch von Ulrich Knoll, 65, über die Lehrertypen erschienen ist, riefen ihn viele ehemalige Kollegen an und fragten, ob sie gemeint seien. Nein, nein, das ist jemand ganz anderes, antwortete er dann. (Foto: Schwarzkopf & Schwarzkopf)

Wie sieht denn der perfekte Lehrer aus?

Den gibt es nicht. Aber was zum Lehrer dazugehört? Er muss gerecht und humorvoll sein, durchaus leistungsbezogen, wohlwollend und vor allem authentisch. Dann wird er von den Schülern auch respektiert. Ein guter Lehrer ist einer, der über seine Fächer hinaus etwas in die Schule investiert, Stichwort bewegte Schule. Eine Stunde muss ja nicht immer nach 45 Minuten pünktlich zum Gong zu Ende gehen. Warum nicht mal zwischendurch eine Runde Badminton draußen spielen oder joggen gehen? Lehrer, die so denken und sich über den Unterricht hinaus um die Schüler kümmern, das sind die Lehrer von heute.

Sie haben früher Deutsch, Englisch und Geschichte an der Realschule unterrichtet. Was für ein Lehrer waren Sie? Der Kumpeltyp oder eher auf Distanz?

Als ich angefangen habe zu unterrichten, war ich eher der robustere Typ. Der Schulleiter hat mir damals oft die raubeinigen Klassen gegeben. Im Laufe der Jahrzehnte bin ich aber eigentlich immer sanfter geworden. Je mehr Einblicke man in das Umfeld der Schüler bekommt, desto verständnisvoller wird man. Aber der Kumpeltyp war ich sicherlich nie.

Ulrich Knoll: 33 Lehrer, mit denen Ihr Kind rechnen muss. Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf. 288 Seiten, 9,99 Euro.

© SZ vom 27.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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