Diskussion um Studiengebühren:Land für Land ins Abseits

Zwei Bundesländer sind noch übrig geblieben von ehemals sieben, die von den Studierenden Gebühren verlangten - und auch in Bayern sieht es so aus, als hätte die "Campusmaut" keine Zukunft mehr. Wie sich die Länder nach und nach von der ungeliebten Gebühr verabschiedeten.

Verena Wolff

Was wollten die Hochschulen nicht alles machen mit den Studiengebühren: bessere Lehrangebote, längere Bibliotheks-Öffnungszeiten, neuere technische Ausstattung - alles sollte auf Vordermann gebracht werden, so hatte man den Eindruck. Zumindest in den sieben Bundesländern, die Gebühren erhoben, seit dies durch ein Verfassungsgerichtsurteil auch in Deutschland möglich ist.

Studiengebühren

Studierende können in den meisten Bundesländern wieder für lau an die Uni gehen.

(Foto: dpa)

Die Universitäten, so meinte man, würden dadurch eigenständiger und die Lehre besser. Daraus geworden ist: wenig. Von den einst sieben Bundesländern haben sich inzwischen fünf die Gebühren wieder abgeschafft. Bayern, einst eine Hochburg der Gebührenbefürworter, wankt.

Doch woran lag es? Den Studierenden hat die Gebühr von Anfang an nicht gefallen. Unsozial sei sie, weil sich finanziell klamme Studierende damit keinen Uni-Abschluss mehr leisten könnten. Viele Studierende mussten im ohnehin schon engen Korsett der neuen Bachelor-und Master-Studiengänge jobben, um das Geld für die Campusmaut aufzubringen - und dadurch verlängert sich für so manchen das Studium noch. "Die Politik hat immer versprochen, die Studiengebühren würden sozialverträglich gestaltet - das ist aber nie passiert", sagt Stefan Grob, Sprecher des Deutschen Studentenwerks in Berlin.

Kein Bundesland habe parallel zur Einführung der Gebühren Stipendien aufgelegt, die Darlehen wurden nur sehr zaghaft in Anspruch genommen. "Stattdessen jobbten die Studenten immer mehr und die Eltern mussten für die Gebühren geradestehen", zitiert Grob aus den Sozialerhebungen des Studentenwerks. Und noch eine Kuriosität gab und gibt es, die eigentlich nicht vorgesehen war: In Bayern zum Beispiel gibt es eine Gebührenbefreiung für Studierende, deren Geschwister schon Gebühren zahlen. "Das hat zur Folge, dass ohnehin schon hochschulnahe Familien, in denen die älteren Geschwister bereits eine Universität besuchen, nichts bezahlen müssen."

Der Frust der Studenten war aber wohl nicht der entscheidende Grund für das frühe Ende des Experiments. Zwar gab es quer durch alle Parteien Befürworter, doch "Studiengebühren waren und sind ein Lieblingsprojekt für Schwarz-Gelb", sagt Studentewerkssprecher Grob. Das Aus für die Studiengebühren kam bislang in allen Fällen mit einem Regierungswechsel.

Den Anfang machte das Land Hessen 2008: Nur ein Jahr nach der Einführung der Gebühren wurden sie wieder abgeschafft. Grund dafür war die ungewöhnliche politische Situation in dem Bundesland, als CDU-Ministerpräsident Roland Koch die Minderheitsregierung in Wiesbaden nur übergangsweise führte und die linke Parlamentsmehrheit mit SPD, Grünen und Linkspartei die Abschaffung beschloss. Zwar bekam Schwarz-Gelb im Jahr 2009 wieder eine Mehrheit im Landtag, beließ es aber bei dem Beschluss.

Zwei Länder sind übriggeblieben

Auch in anderen Bundesländern wurden Wahlversprechen eingelöst: Nach Hessen schaffte das Saarland die Gebühren wieder ab, es folgten Nordrhein-Westfalen und der Stadtstaat Hamburg. Mit der Abwahl der CDU und der Wahl von Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg folgte das vorerst letzte Land dem Trend zur Abschaffung der Gebühren. "Wir freuen uns, dass die Gebühren ein Intermezzo geblieben sind - auch wenn es alles andere als sinnvoll war", sagt Grob.

Hochgradig ärgerlich sei dieses Kapitel vor allem für die Studierenden, die zwischen der Einführung der Gebühren und ihrer Abschaffung für das hätten zahlen müssen, "was Generationen vor ihnen und ihre Nachfolger wieder umsonst bekommen", sagt Grob. Allerdings gebe es keinerlei rechtliche Handhabe dagegen, dass die Campusmaut nur während der Wahlperiode einer Landesregierung oder eben noch kürzer erhoben worden sei.

Studiengebühren

Nur noch in zwei Bundesländern werden aktuell Studiengebühren erhoben.

(Foto: SZ Grafik)

Nur noch in zwei Bundesländern müssen aktuell Gebühren gezahlt werden: In Bayern und in Niedersachsen. Während in Bayern die CSU offenbar über ein Abrücken von der Campusmaut nachdenkt, FDP-Kultusminister Wolfgang Heubisch aber weiterhin daran festhalten will, ist in Hannover die Meinung der Regierung klar: Das Land will an den Studiengebühren festhalten.

Man sehe "keinen Anlass und auch keine neuen Argumente, die niedersächsische Position infrage zu stellen oder neu zu bewerten", sagte ein Sprecher des Wissenschaftsministeriums. So werde mit den Studienbeiträgen die "Qualität der Lehre und der Studienbedingungen direkt an den Hochschulen und für jeden Studierenden wahrnehmbar verbessert".

SPD und Linke in Niedersachsen hatten die Landesregierung aufgefordert, auf die Studiengebühr zu verzichten, sind jedoch vorerst offenbar gescheitert. Aber das heißt nicht so viel: Im kommenden Jahr wird ein neuer Landtag gewählt.

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