Deutsche Universitäten:Studentenzahlen werden früher einbrechen als angenommen

Ausgebremst beim Studienstart-Wartesemester sinnvoll überbrücken

Noch sind die Hörsäle vielerorts voll - doch das könnte sich bereits in wenigen Jahren ändern.

(Foto: Jan Woitas/dpa)

Noch bauen die Unis an oder mieten Gebäude, um den Andrang der Abiturienten zu bewältigen. Doch schon in fünf Jahren könnte mancher Hörsaal leer stehen - der Erstsemester-Knick kommt einer neuen Studie zufolge viel früher als bislang vorhergesagt.

Von Johann Osel

Die Nachfrage nach Studienplätzen könnte sich schon früher und deutlicher abschwächen als bisher angenommen. Nachdem in den vergangenen drei Jahren jeweils ungefähr eine halbe Million Studienanfänger verzeichnet worden waren, haben die Länder jüngst ihre Prognose nach oben korrigiert. Noch bis 2019 rechne man mit Erstsemesterzahlen um 500 000 pro Jahr, danach erst mit einem allmählichen Rückgang auf 465 000 im Jahr 2025, teilte die Kultusministerkonferenz (KMK) mit.

Das Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) kalkuliert die Nachfrage nun viel niedriger - was Folgen für die aktuelle Debatte zur Hochschulfinanzierung haben könnte. Die FiBS-Studie wird an diesem Donnerstag veröffentlicht und liegt der Süddeutschen Zeitung vor.

Wie die KMK arbeitet auch das Institut auf Basis der Abiturientenzahlen. Jedoch berechnet es die "Einmal-Effekte" durch die Aussetzung der Wehrpflicht und die doppelten Abiturjahrgänge in vielen Ländern anders. Zudem geht man - anders als die Länderminister - nicht davon aus, dass die Hochschulen den Anteil ausländischer Studenten noch deutlich steigern werden. Laut FiBS wird die Zahl der Neu-Studenten 2019 daher weit von der halben Million entfernt sein - bei 439 000. Bis 2025 wird sie sogar fast auf 400 000 fallen.

Hörsäle, die irgendwann nicht mehr benötigt werden

Das Forschungs- und Beratungsinstitut aus Berlin publiziert die Prognose eigenständig. Regelmäßig fertigt das FiBS aber Studien im Auftrag etwa von Bildungsministerien an.

Langzeit-Prognosen sind unabdingbar für die Politik. Dass wegen der Geburtenentwicklung ein Knick bei den Studenten kommen wird, ist klar. Fraglich ist, wie stark er ausfällt und wann er eintritt. Viele Unis hatten zuletzt etwa Gebäude gemietet, um den Andrang zu bewältigen. Trotz Neubauten vielerorts gingen die Länder in der Baupolitik mit Augenmaß vor - wissend um die Gefahr, dass manche Hörsäle irgendwann nicht mehr benötigt werden.

Maßgeblich sind Prognosen außerdem für den Hochschulpakt, mit dem Bund und Länder die Rekord-Nachfrage nach Studienplätze finanziert haben. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) fordert eine Fortsetzung des Pakts vom Jahr 2016 an. Ansonsten würde man nur zwei Drittel der aktuellen Anfängerplätze bieten können, so HRK-Präsident Horst Hippler; es würde dann viel öfter einen Numerus clausus geben. Ausdrücklich bezogen sich die Rektoren aber auf jährlich gut eine halbe Million Anfänger bis 2020.

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