Ich versuche meinen Kloß im Hals herunter zu schlucken und suche nach passenden Worten. Völlig unerwartet trifft mich die Überraschung meiner Zehntklässler, denn obwohl die letzten Wochen eines Schuljahres flott vergehen, bin ich mental noch nicht so richtig auf Abschied eingestellt. Das Gruppenfoto, auf dem jeder Schüler einen Buchstaben in die Kamera hält, so dass der Schriftzug "¡En castellano por favor!" ("Auf Spanisch, bitte") entsteht, der selbst gebackene Kuchen, die lieben Worte ... Nur selten verschlägt es mir derart die Sprache. Ein ganzes Schuljahr ist vorüber. Ein Schuljahr, in dem ich viel gelacht, gearbeitet und gelernt habe. Zeit, Bilanz zu ziehen.
Die Schüler
Das Wichtigste zuerst: die Kinder. Wie viele Gedanken hatte ich mir vor Beginn des Referendariats zum Umgang mit schwierigen Schülern gemacht. Wie viele Warnungen, gar Mitleidsbekundungen von Mitmenschen vernommen: "Mit den Schülern heutzutage wird das bestimmt nicht einfach."
Die Schüler, mit denen ich im Laufe meines ersten Schuljahres als Junglehrer zu tun hatte, waren super. An der Seminarschule bin ich verschont geblieben von arroganten Söhnchen aus der Vorstadt. Und auch an der Einsatzschule traf ich nicht auf bornierte Dorfjugendkinder. Meine Schüler von der siebten bis zur elften Klasse waren lernwillig, höflich, artig und lustig. Es gab nicht einen Tag, an dem sie mich nicht zum Lachen gebracht hätten und dafür danke ich jedem einzelnen von ihnen.
Darüber hinaus musste ich keine einzige Ordnungsmaßnahme in die Wege leiten: Verweise, Nachsitzen, alles Fehlanzeige. Natürlich war nicht jeder Schüler immer mit dem allergrößten Eifer bei der Sache. Das ist aber auch nicht weiter tragisch bei dem Gehirnfasching, der beispielsweise im Kopf hoch pubertärer Achtklässler abgeht. Unterm Strich zählt, dass bei allen der erwünschte Lernfortschritt erreicht wurde - davon bin ich jedenfalls ziemlich überzeugt.
Die Eltern
Auch an dieser Front blieb alles erstaunlich entspannt: Die Präsenz von rechthaberischen, unangenehmen Schülereltern im Schulalltag hatte ich total überschätzt. Klar, Eltern sprechen bei allem mehr mit als früher, aber ich konnte meine Arbeit unbehelligt von nervigen Helikoptermüttern ausüben. Die Horrorgeschichten haben sich demnach nicht bewahrheitet, bislang.