Chancengleichheit:Vieles verletzt ihn noch heute

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Als beleidigend hat er 2013 die Diskussion darüber empfunden, ob einer wie der gelernte Metzger Stefan Raab das TV-Duell der Kanzlerkandidaten moderieren dürfe. Politik sei doch keine Unterhaltungsshow, monierten die Kritiker Raabs damals. Für Maurer war die Botschaft klar: Politik soll bitte weiterhin den Akademikern, den Gebildeten vorbehalten bleiben. Einer wie Raab irritiert da nur.

In dem viel zu langen Kapitel zu Beginn von "Du bleibst, was du bist" berichtet er von dem großen Erfolg seines Zeit-Artikels, von den vielen Reaktionen und der Aufmerksamkeit, die er erhalten hat. Es wirkt ein bisschen wie eine Rechtfertigung dafür, dass er dieses Buch hat schreiben müssen - oder dürfen?

Im Buch besucht Maurer weitere Aufsteiger, einigen von ihnen kommt er sehr nah. Bahnchef Rüdiger Grube zum Beispiel: Einer der einflussreichsten Manager Deutschlands erzählt dem jungen Journalisten, wie er mit 26 Jahren, nach seinem ersten Studium, an einem schweren Erschöpfungszustand litt. Dieses Schicksal teilt er mit vielen Arbeiterkindern, die sich nicht mit dem Platz zufrieden geben wollen, den ihr Umfeld ihnen zuteilt. Das Geld ist knapp, da sind keine Eltern, die mal eben was zuschießen, sie müssen neben dem Studium arbeiten und sich nicht zuletzt in einem Umfeld zurechtfinden, in das sie anders als Akademikerkinder nicht hineingeboren wurden.

"Jeder junge Mensch will etwas aus seinem Leben machen"

Andere Protagonisten bleiben blass, lassen Maurer nicht so richtig an sich heran. Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum Beispiel, der spätestens dann dicht macht, als der Journalist ihn auf die SPD anspricht, von deren Bildungspolitik viele Arbeiterkinder enttäuscht sind. Die älteren unter ihnen berichten in dem Buch noch von der Politik Willy Brandts, die ihre Eltern dazu ermutigt habe, für die eigenen Kinder nach Höherem zu streben. Die Jüngeren, dieser Eindruck verfestigt sich in Maurers Schilderungen, sind viel mehr auf Eigeninitiative und glückliche Fügung angewiesen. Zum Beispiel in Gestalt von Menschen, die an sie glauben. Maurer kommt zu dem Schluss, dass der Aufstieg durch Bildung in den vergangenen Jahren schwieriger geworden ist.

Dabei genügt eigentlich ein Satz, um zu verstehen, worum es geht. "Jeder junge Mensch will etwas aus seinem Leben machen", schreibt Maurer schlicht. So einfach ist das. Und doch so schwer, in diesem Deutschland.

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