Nachwuchsgewinnung an Schulen:Wie oft die Bundeswehr in Klassenzimmern wirbt

Nachwuchsgewinnung an Schulen: Eine Berufsmesse für Schülerinnen und Schüler in Fürstenfeldbruck im Februar: Auch ein Karriereberater der Bundeswehr beantwortet Fragen.

Eine Berufsmesse für Schülerinnen und Schüler in Fürstenfeldbruck im Februar: Auch ein Karriereberater der Bundeswehr beantwortet Fragen.

(Foto: Günther Reger)

Mehr als 4000 mal waren die Karriereberater der Bundeswehr zu Vorträgen in Schulen. Aber noch stärker setzt die Truppe inzwischen auf einen anderen Weg, junge Menschen für eine Militärlaufbahn zu gewinnen.

Von Bernd Kramer

Seit dem Ende der Wehrpflicht muss die Bundeswehr kreativ werden, um junge Menschen für die Truppe zu begeistern. Sie lädt hunderte Jugendliche in ihre Sportschulen zu Wettkämpfen namens "Bundeswehr Olympix", bei denen die Jungen und Mädchen Wasser- und Kletterhindernisse überqueren müssen. Als Preis winkt zum Beispiel ein Segeltörn mit der Marine. Sie startete bei Youtube die Serie "Die Rekruten", die zeitweise sogar überraschend gut ankam. Und sie schickt regelmäßig ihre Leute in die Schulen.

Neue Zahlen der Bundesregierung zeigen, wie häufig Karriereberater des Militärs im vergangenen Jahr in Deutschlands Klassenzimmern unterwegs waren. 4551 Vorträge hielten sie demnach im Jahr 2019 in Bildungseinrichtungen, um für eine Laufbahn bei der Truppe zu werben, vor allem an Gymnasien, Real- und Berufsschulen. Mehr als 100 000 Schülerinnen und Schüler wurden so erreicht. Weitere 343 mal besuchten Schulklassen Kasernen und andere Bundeswehrstandorte - mehr als 16 000 junge Menschen kamen auf diese Weise mit der Truppe in Kontakt. Das geht aus der Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine kleine Anfrage der Linken im Bundestag hervor.

Ulla Jelpke von den Linken kritisiert die Nachwuchswerbung an Schulen scharf. "Wenn Militärs im Unterricht Reklame in eigener Sache machen, ist das ein Missbrauch der Schulpflicht", sagt sie.

Im Vergleich zum Vorjahr sind die Auftritte vor Klassen und die Schulexkursionen zur Truppe allerdings leicht zurückgegangen. Das Verteidigungsministerium erklärt das unter anderem durch "den Wechsel von Schulvorträgen zu allgemeinen Informationsveranstaltungen an Schulen" - was Fragen aufwirft: Karrierewerbung der Bundeswehr und Vorträge etwa zur Sicherheitspolitik müssen an den Schulen strikt getrennt werden.

Die Jugendoffiziere, die zum Beispiel im Politikunterricht mit den Schülerinnen und Schülern über Auslandseinsätze diskutieren, dürfen in ihrer Rolle keine Werbung für die Bundeswehr als Arbeitgeber machen. Das täten sie auch nicht, betont das Verteidigungsministerium in der Antwort: "Die Jugendoffiziere halten die Trennung ihrer Fachaufgabe zur Karriereberatung immer strikt ein."

So viel Militär auf Jobmessen wie selten zuvor

Außerhalb der Schule bemüht sich die Bundeswehr dafür inzwischen jedenfalls umso stärker um künftige Soldatinnen und Soldaten. Eine weitere Anfrage aus dem Büro von Ulla Jelpke zeigt: Im Jahr 2019 war die Truppe 2620 mal auf Job- und Personalmessen präsent - und damit laut der Linken-Abgeordneten so oft wie noch nie seit Beginn der Erfassung im Jahr 2006.

Eine dieser Messen ist das "You Summer Festival" in Berlin, nach Angaben der Veranstalter das größte Jugendevent in Europa. Gegen die Bundeswehr, die in der "Karrierehalle" ihr Großgerät präsentierte, protestierte im Mai 2019 gleich am Eröffnungstag ein Bündnis. "Lieber einen zivilen Arbeitsplatz", stand auf einem der Transparente, auf einem anderen: "Keine Bundeswehr auf der You".

Zumindest in diesem Jahr könnte sich der Wunsch der Demonstranten erfüllen und die Zahl der Werbeaktionen auf Jobmessen wieder deutlich sinken. Das "You Summer Festival" wurde zumindest abgesagt - wegen Corona.

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