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Bildung - Mainz:Konfessioneller Religionsunterricht: Abschaffung gefordert

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Mainz (dpa/lrs) - Die Landesschülervertretung (LSV) in Rheinland-Pfalz fordert die Abschaffung des konfessionellen Religionsunterrichts und eine Änderung der Landesverfassung. Der Religionsunterricht in seiner bisherigen Form widerspreche der Trennung von Kirche und Staat, sagen Lucia Wagner und Lucas Fomsgaard vom LSV-Vorstand. Artikel 29 der Landesverfassung mit der Vorgabe einer Erziehung "zur Gottesfurcht" sei kaum mit dem Ziel einer angstfreien Erziehung vereinbar.

Sie selbst sei zwar in der Kirche aktiv, empfinde die Pflicht zur Wahl zwischen evangelischem, katholischem und Ethikunterricht aber als diskriminierend, sagt Lucia Wagner im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Es ist total ätzend, dass man Religion nicht abwählen kann." Deswegen und aufgrund der Begrenzung der Stundentafel habe sie beim Wechsel in die 11. Klasse auf Biologie verzichten müssen, sagt die 17-Jährige.

Die LSV tritt dafür ein, den bisherigen Religions- oder Ethikunterricht durch ein Fach zu ersetzen, das über verschiedene Religionen, Weltanschauungen und Kritik an Religion informiere und den Jugendlichen "fundierte, aber auch reflektierte Möglichkeiten der eigenen Glaubensfindung" biete. In einem solchen Unterricht könnten Schülerinnen und Schüler dann auch ihre eigenen Glaubensüberzeugungen vorstellen. Es sei im Unterricht spürbar, dass vielen Religionslehrkräften mit kirchlicher Bindung die pädagogische Ausbildung fehle, bemängelt der 18-jährige Lucas Fomsgaard. "Vor allem an Grundschulen halte ich es für höchst problematisch, Nichtpädagogen einzusetzen."

Die Landesvertretung der Schülerinnen und Schüler hat auch schon mit Bildungsministerin Stefanie Hubig über ihre Forderung gesprochen. "Den bekenntnisorientierten Religionsunterricht abzuschaffen, halten wir weder für erforderlich noch für zielführend", teilt das Bildungsministerium in Mainz dazu mit. Wollte man den Religionsunterricht abschaffen, so müssten das Grundgesetz, die Landesverfassung und zudem noch Vorschriften im Schulgesetz und in den Schulordnungen geändert werden. Staatssekretär Hans Beckmann (SPD) erklärt zur LSV-Forderung: "Unsere Schulen stehen für Offenheit und Vielfalt - das betrifft ausdrücklich auch weltanschauliche und religiöse Fragen."

Nach der amtlichen Schulstatistik besuchten im vergangenen Schuljahr 40,3 Prozent der Schüler in Rheinland-Pfalz den katholischen Religionsunterricht, 33,1 Prozent den evangelischen und 25,1 Prozent den Ethikunterricht. Die übrigen nahmen - dort, wo dies angeboten wird - an einem islamischen oder anderen Religionsunterricht teil.

Die Kirchen wollen an der bisherigen Form des Religionsunterrichts festhalten. Die Erfahrung zeige, dass es dem konfessionellen Religionsunterricht gelinge, "junge Menschen zu einem verantworteten religiösen Bekenntnis und zu einer kenntnisreichen Toleranz gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen zu befähigen", erklärte der Bildungsdezernent des Bistums Mainz, Gereon Geissler. "Die Anwürfe gegen den konfessionellen Religionsunterricht laufen daher ins Leere."

Ein Sprecher der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) sagte, Religionsunterricht sei grundsätzlich offen für andere Konfessionen und Religionen. Aber "erst in der Auseinandersetzung mit einem greifbaren Modell gelebter christlicher Existenz - vor allem in der Person der Lehrkraft - können Schülerinnen und Schüler eine eigene Identität und Haltung ausprägen - durch Identifikation, aber auch durch Abgrenzung."

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