Bildung - Gütersloh:Kita-Qualität in Hamburg trotz Ausbau noch nicht kindgerecht

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Gütersloh/Hamburg (dpa/lno) - Trotz Verbesserungen bei der Kinderbetreuung hängt Hamburg bei der personellen Ausstattung der Krippen im westdeutschen Vergleich weiter hinterher. Zu diesem Ergebnis kommt das diesjährige Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung, das am Donnerstag veröffentlicht wurde. "Die Betreuungssituation in den Kitas ist noch immer nicht kindgerecht und stellt zudem eine hohe Arbeitsbelastung für die Fachkräfte dar", heißt es in dem Bericht. Um eine kindgerechte Betreuung in den Kitas in Hamburg sicherzustellen, brauche es den neuesten Berechnungen der Bertelsmann Stiftung entsprechend rund 3100 zusätzliche Fachkräfte.

Zwischen 2008 und 2018 habe sich die Zahl des pädagogischen Personals in den Hamburger Kitas deutlich erhöht: von 9064 auf 15 216. Im selben Zeitraum sei jedoch auch die Zahl der Kita-Kinder von 50 127 auf 77 116 gewachsen.

Am 1. März 2018 war eine pädagogische Fachkraft in Krippengruppen rein rechnerisch für 4,8 ganztagsbetreute Kinder zuständig. Die Personalsituation habe sich damit gegenüber 2013 (1 zu 5,4) verbessert. In den Kindergartengruppen gab es sogar eine erheblichere Verbesserung. Verantworteten Erzieherinnen und Erzieher 2013 noch die Förderung von 9,3 Kindern, waren es im Jahr 2018 nur 8,1. Für eine kindgerechte Betreuung empfiehlt die Bertelsmann Stiftung, dass in Krippengruppen maximal 3 und in Kindergartengruppen 7,5 Kinder auf eine pädagogische Fachkraft kommen.

Allerdings sehe das Betreuungsverhältnis im Kita-Alltag immer ungünstiger aus, da nicht die gesamte Arbeitszeit für die Betreuung der Kinder zur Verfügung stehe. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigten, dass rund ein Drittel der Arbeitszeit einer Erzieherin für Aufgaben außerhalb der pädagogischen Praxis benötigt wird, etwa für Elterngespräche und Qualitätsentwicklung. In Krippengruppen müsse dann in Hamburg eine Mitarbeiterin 7,1 unter dreijährige Kinder betreuen. In Kindergartengruppen sei eine Fachkraft für 12,1 Kinder zuständig.

"Die Personalsituation verbessert sich in Hamburg kontinuierlich, doch noch ist sie nicht kindgerecht. Langfristig helfen angemessene Personalschlüssel nicht nur dabei, Bildungschancen zu verbessern, sondern auch mehr Menschen für die Arbeit im herausfordernden Kita-Alltag zu begeistern", sagte Kathrin Bock-Famulla, Bildungsexpertin der Bertelsmann Stiftung.

Die Opposition in der Bürgerschaft sieht sich in ihrer Kritik am rot-grünen Senat bestätigt: "Nach wie vor kümmern sich in keinem westdeutschen Bundesland weniger Erzieher um ein Kleinkind als in Hamburg", sagte Philipp Heißner, familienpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Dies sei die direkte Folge der verfehlten Kita-Politik der letzten Jahre, die total einseitig auf Quantität vor Qualität gesetzt habe. "Die minimalen Verbesserungen, für die sich die SPD schon wieder feiert, gibt es nur rechnerisch", sagte Kita-Experte der Linksfraktion, Mehmet Yildiz. Laut Daniel Oetzel, Familienpolitiker der FDP, rechnet sich der rot-grüne Senat den Betreuungsschlüssel selbst schön, da er "Fortbildungen, Urlaube, administrative Aufgaben oder Krankenzeiten nicht berücksichtigt".

Bei SPD und Grünen verweist man auf die positive Tendenz. "Der neue Länderreport zeigt die klaren und kontinuierlichen Verbesserungen der Hamburger Kita-Qualität bis zum März 2018", sagte der familienpolitische Sprecher der SPD, Uwe Lohmann. "Die Einigung mit der Kita-Volksinitiative, jedes Jahr 500 neue Erzieherinnen und Erzieher einzustellen und den angestrebten Betreuungsschlüssel auch im Kinderbetreuungsgesetz festzuschreiben, zeigt, dass Hamburg auf einem guten und verbindlichen Weg ist", sagte seine Grünen-Kollegin Anna Gallina. Die bereits erfolgten Verbesserungen würden sich aber aufgrund des Stichtags erst im nächsten Jahr in der Studie zeigen.

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