Bildung - Frankfurt am Main:Lehrer warnen vor Chaos bei Schulstart während Pandemie

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In einer Schule liegt während einer Unterrichtsstund ein Mund-Nasen-Schutz auf dem Tisch. Foto: Uli Deck/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Lehrervertreter befürchten mit Blick auf den Schulstart nach den Weihnachtsferien unter Corona-Bedingungen ein Chaos an den Schulen. "Zum jetzigen Zeitpunkt weiß niemand, wie viele Kinder sich in der kommenden Woche in den Grundschulen und in den fünften und sechsten Klassen der weiterführenden Schulen aufhalten werden", erklärte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen, Maike Wiedwald, am Freitag in Frankfurt.

"Auf dieser Grundlage kann man keinen guten Unterricht vorbereiten", sagte Wiedwald. Hessens Landesregierung sorge "mit ihrer konzeptionslosen Vorgehensweise für chaotische Zustände an den Schulen."

Der Gesamtverband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen in Hessen, die Arbeitsgemeinschaft der Unabhängigen Lehrer Hessen und der Verband der Lehrer Hessen übten in einer gemeinsamen Mitteilung ebenfalls Kritik. Es sei damit zu rechnen, dass zwei Drittel bis drei Viertel der Kinder vom Präsenzangebot Gebrauch machen werden und in die Schule kommen.

Für Hessens Schüler soll der Unterricht im Klassenzimmer wegen der Corona-Pandemie bis Ende Januar eigentlich weitgehend wegfallen. Nach dem Beschluss des Corona-Kabinetts der Landesregierung müssen die Kinder der Klassen 1 bis 6 bis zum 31. Januar zum Lernen nicht an die Schulen kommen. Die Präsenzpflicht wird für diese Schüler ausgesetzt.

Der Gang zur Schule ist aber möglich, wenn die Eltern arbeiten gehen müssen und sich nicht zu Hause um sie kümmern können. Die Kinder würden dann in der Schule in festen Lerngruppen unterrichtet, wie Kultusminister Alexander Lorz (CDU) erläutert hatte. Für Schüler ab Klasse 7 wird mit Ausnahme von Abschlussklassen grundsätzlich in den nächsten drei Wochen ausschließlich Distanzunterricht angeboten.

Ein Sprecher des Kultusministeriums sagte am Freitag, das Anmeldeverfahren für den Schulbesuch der Klassen 1 bis 6 ab Montag laufe noch. An den drei Tagen ohne Präsenzpflicht vor den Weihnachtsferien seien zwischen 10 und 15 Prozent der Kinder an Hessens Schulen gekommen. Dies sei mit der jetzigen Situation jedoch nur bedingt vergleichbar. In Hamburg würden bei einer ähnlichen Regelung seit dieser Woche rund 20 Prozent der Kinder in die Schule kommen.

Das Kultusministerium zeigte sich zuversichtlich, dass das Schulportal verlässlich funktionieren werde. Seit Beginn der Pandemie sei die digitale Lehr- und Lernplattform des Landes stetig ausgebaut und optimiert worden, versicherte ein Sprecher. Es finde zudem ein kontinuierliches Monitoring der technischen Systeme statt, um Systemabstürze zu verhindern. Das gelte auch für den Schutz vor Hacker-Angriffen auf die Plattform.

Die Lehrerverbände kritisierten auch, die Schulen hätten zu wenig Zeit gehabt, sich auf die neue Situation vorzubereiten. Drei Wochen nach dem Eintritt in den Lockdown habe das Kultusministerium den Schulen und den Eltern eine Frist von nicht mehr als 24 Stunden eingeräumt, um seine Vorgaben umzusetzen, erklärte die GEW-Co-Vorsitzende Birgit Koch.

Der Verband der Lehrer monierte: "Wenn in Familien nicht einmal die eigenen Kinder zu Besuch kommen dürfen, weil die Anzahl der zugelassenen Haushalte überschritten wird, ist es aber in den Schulen grundsätzlich zulässig, dass bis zu 30 Kinder einer Klasse mit ihren Lehrkräften zusammenkommen können." Ebendiese Kinder, die in den Klassenräumen nebeneinandersitzen, dürften sich dann allerdings nachmittags nicht mehr treffen.

Hessens SPD-Chefin Nancy Faeser hatte diese Woche kritisiert, die Aufhebung der Präsenzpflicht sei "faktisch eine Schulschließung durch die Hintertür". Die Landesregierung signalisiere den Eltern: "Seht selbst zu, wie Ihr zurechtkommt". Das sei nicht nur ein "politischer Offenbarungseid, sondern auch eine Unverschämtheit gegenüber den hessischen Eltern und ein Ausdruck von Verantwortungslosigkeit", teilte Faeser mit.

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