Bildung - Erfurt:Online-Prüfung mit Gesichtserkennung: Klage gegen Uni Erfurt

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Der Haupteingang zur Universität Erfurt. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa (Foto: dpa)

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Erfurt (dpa/th) - Um Täuschungsversuche bei Online-Prüfungen zu erschweren, hat die Universität Erfurt Kontrollprogramme mit Gesichtserkennung eingesetzt. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hat Klage am Landgericht Erfurt dagegen eingereicht. Der Sprecher des Gerichts bestätigte den Eingang am Freitag (Az.: 3 O 1117/22). Es geht um die Frage, wie weit Überwachung bei Online-Prüfungen gehen darf.

Wie die GFF mitteilte, hat sie die Klage gemeinsam mit einer Studentin und dem "freien zusammenschluss von student*innenschaften" (fzs) erhoben. Die Studentin musste den Angaben zufolge wegen der Corona-Pandemie Online-Prüfungen absolvieren, die Prüfungsleistungen aus der Ferne und ohne Infektionsrisiko ermöglichten.

Nach Angaben der GFF geht es um sogenannte Proctoring-Software einschließlich automatisierter Gesichtserkennung. Der Einsatz der Kontrollsoftware ist nach Einschätzung der GFF ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Privatsphäre der Studierenden und verletze ihre Grundrechte. Die Studentin klage deshalb mit Unterstützung der GFF auf Schadenersatz, um klären zu lassen, dass die umfassende Überwachung, insbesondere die Gesichtserkennung, rechtswidrig gewesen sei.

Die GFF, ein Verein mit Sitz in Berlin, der sich nach eigenen Angaben gegen unverhältnismäßige Überwachung und digitale Durchleuchtung engagiert, wies darauf hin, dass nicht nur die Universität Erfurt, sondern auch zahlreiche andere Hochschulen in ihren Satzungen die Videoüberwachung von bestimmten Online-Klausuren erlaubten. "Die Studierenden sollen nicht nur in den eigenen vier Wänden die Kamera aktivieren, die Aufnahmen werden auch aufgezeichnet und automatisiert ausgewertet."

Künstliche Intelligenz in Form von Gesichtserkennung solle Täuschungsversuche erkennen. Studierende würden außerdem verpflichtet, Spähsoftware auf ihren Privatrechnern zu installieren.

Die Universität Erfurt erklärt in den "Fragen und Antworten" zu Online-Prüfungen auf ihrer Homepage: "Die automatisierte Gesichtserkennung wird eingesetzt, um die Studierenden zu identifizieren und Täuschungsversuche bei der Durchführung von Prüfungen außerhalb des Campus zu reduzieren."

Zum Einsatz der Prüfungssoftware heißt es: Die Universität habe eine entsprechende Datenschutz-Folgenabschätzung veranlasst und diese mit dem Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz und die Informationsfreiheit abgestimmt. "Aus Sicht der Universität ist die Software rechtssicher."

Die GFF sieht das anders und will mit der Klage die zulässigen Rahmenbedingungen für Online-Prüfungen feststellen lassen. "Online-Prüfungen waren in der Hochphase der Pandemie notwendig und werden mit der zunehmenden Digitalisierung an Universitäten Teil des studentischen Alltags sein", erläuterte sie. "Die GFF will sicherstellen, dass sich unverhältnismäßige Überwachung nicht etabliert oder auf andere Bereiche, etwa den Arbeitsplatz, übergreift."

Die Universität teilte zu der Kritik auf Anfrage mit, sie habe sich vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und des damit verbundenen Lockdowns entschieden, die Prüfungen im Sommersemester 2020 erstmals als Online-Prüfungen durchzuführen. "Aufgrund des anhaltenden Infektionsgeschehens war dies auch für die Prüfungen im Wintersemester 2020/21 der Fall."

Die Universität habe damit gewährleisten wollen, dass die Studierenden auch während des Lockdowns beziehungsweise während der Zeit der digitalen Lehre Prüfungen ablegen konnten. Zum anderen sei es darum gegangen, sie keinem Infektionsrisiko auf dem Weg zur Prüfung etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln und während der Prüfung beim Aufenthalt auf dem Campus auszusetzen.

© dpa-infocom, dpa:221021-99-210467/4

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