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Bildung - Erfurt:Lehrerverband teilt Datenschutzbedenken bei Corona-Tests

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Erfurt (dpa/th) - Thüringens Datenschutzbeauftragter Lutz Hasse pocht weiter auf das Einhalten von Datenschutzregeln bei Corona-Tests an Schulen. Er habe ein neues Schreiben an die Schulen geschickt und darauf hingewiesen, dass seine Behörde beim Thema Datenschutz das letzt Wort habe, sagte Hasse am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Der Datenschutzbeauftragte sei die oberste Datenschutzbehörde und dies gelte auch in Bezug auf das Bildungsministerium "und erst recht für die Schulen", betonte Hasse. Zugleich habe er den Schulen Hilfe angeboten und die entsprechenden Formulare zur Verfügung gestellt.

In dem Schreiben Hasses, das dpa vorliegt, heißt es: "Daher ist der Landesdatenschutzbeauftragte nicht nur mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet, sondern er ist gerade für Konfliktfälle vom Gesetzgeber als die völlig unabhängige, einzige und Konflikt entscheidende oberste Datenschutzaufsichtsbehörde (...) installiert worden."

In der vergangenen Woche war ein weiterer Streit zwischen dem Bildungsressort und Hasse ausgebrochen, bei dem es um die Durchführung von Corona-Selbsttests an Schulen ging. Nach Hasses Einschätzung sind Einwilligungserklärungen der Eltern nötig, damit Schülerdaten bei den Tests erhoben und verarbeitet werden dürfen. Er hatte die Schulen aufgefordert, die Corona-Tests datenschutzkonform zu machen, also mit Einwilligungen der Eltern.

Dagegen setzt das Bildungsministerium generell auf eine Widerspruchslösung bei den Tests und will auch keine Datenschutz-Einwilligungen der Eltern einholen lassen. Den Schulen teilte das Ressort nach Hasses Vorstoß mit, dass es bei dem vom Ministerium kommunizierten Vorgehen bleiben solle.

Hasse indes widerspricht: "Das Abwägen von zwei Grundrechten kann nicht so enden, dass eines der beiden Grundrechte wegfällt." Etliche Eltern hätten sich wegen Datenschutzfragen bei der Durchführung der Corona-Tests an Schulen an ihn gewandt. Das Bildungsministerium hatte zuvor mitgeteilt, dass der Datenschutz ein hohes Gut sei, aber gerade in Zeiten der Pandemie mit anderen Rechtsgütern wie dem Gesundheitsschutz oder auch dem Recht auf Bildung abgewogen werden müsse.

Ein Sprecher des Bildungsministeriums erklärte am Montag, dass man in dem neuen Schreiben von Herrn Hasse erneut "eine praktikable und pandemiegerechte Lösung" vermisse. "Im Effekt werden die Schulen mit dem vom Datenschutzbeauftragten postulierten Problem vor eine kurzfristig nicht lösbare Situation gestellt, mitten in der Pandemie. Das sorgt für größte Verunsicherung." Man sei aber an einer Klärung der aufgeworfenen Fragen interessiert.

Der Thüringer Lehrerverband (tlv) teilte Hasses Datenschutzbedenken bei der Durchführung der Schnelltests im Klassenzimmer. "Abgesehen davon, dass gesundheitsbezogene Daten auch rechtlich als besonders schützenswert gelten, zeigen die Erfahrungen der letzten Tage, dass ein positives Ergebnis durchaus etwas mit einer Kinderseele macht. Durch den Verzicht auf ein Testen in Gemeinschaft wären viele Kindertränen vermeidbar", erklärte tlv-Chef Rolf Busch.

Bisher werden die Selbsttests in den Klassenräumen gemeinschaftlich durchgeführt. Damit ist es kaum möglich, zu verhindern, dass die anderen Schüler es mitbekommen, wenn ein Kind positiv auf das Virus getestet wurde.

Busch wies darauf hin, dass mehrere Fälle bekannt geworden seien, wobei betroffene Grundschüler nach einem positiven Schnelltest im Klassenraum völlig aufgelöst gewesen seien. "Die Angst vor der Epidemie und das Gefühl, bei einem positiven Testergebnis etwas falsch gemacht zu haben, sitzen offenbar sehr tief", erklärte Busch.

Er forderte, die Tests nicht mehr im Klassenzimmer, sondern vor dem Betreten der Schule durchzuführen. Außerdem bekräftigte Busch seine Forderung nach einer Testpflicht.

© dpa-infocom, dpa:210419-99-264388/3

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