Bewerbermangel in Ausbildungsberufen:Firmen senken Anforderungen an Lehrlinge

Deutsche Unternehmer haben es zunehmend schwer, geeignete Lehrlinge zu finden. Zwar will die Wirtschaft in diesem Jahr 25.000 zusätzliche Lehrlinge einstellen - doch die Bewerber fehlen. Um die Eignung von Schülern besser beurteilen zu können, wollen die Firmen wieder "Kopfnoten" auf den Zeugnissen sehen.

In deutschen Firmen werden trotz sinkender Ansprüche an die Lehrlinge in diesem Jahr Zehntausende Ausbildungsplätze frei bleiben. Angesichts des anhaltenden Mangels an Bewerbern für Lehrstellen schrauben die Betriebe ihre Anforderungen an Schulabgänger zunehmend nach unten, wie aus einer in Berlin vorgelegten Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) bei mehr als 14.500 Unternehmen hervorgeht.

Dennoch würden 2012 im Bereich der Kammern rund 80.000 Ausbildungsplätze nicht besetzt, nach etwa 60.000 im vergangenen Jahr. Die im DIHK erfassten Firmen wollten im laufenden Jahr etwa 25.000 Lehrstellen mehr anbieten, sagte Verbandspräsident Hans-Heinrich Driftmann. Unter dem Strich aber werde die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge leicht sinken. Im Vorjahr waren es bei den Kammern 340.000 Lehrverträge.

Angesichts der Klagen von Unternehmen über mangelnde Ausbildungsreife der Schulabgänger fordert der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) die Wiedereinführung von "Kopfnoten" auf den Schulzeugnissen. Die Informationen zu Sozialkompetenzen - wie Betragen, Fleiß und Ordnung - würden es Betrieben erleichtern, auch Jugendlichen mit schlechten Schulnoten eine Chance auf einen Ausbildungsplatz zu geben, unterstrich Driftmann.

Drei Viertel der Betriebe hätten auch in diesem Jahr bei der Umfrage angegeben, dass mangelnde Deutsch- und Mathematikkenntnisse oder fehlende Sozialkompetenzen eine Ausbildung verhinderten oder erschwerten. Mehr als jeder zweite Betrieb (57 Prozent) unterstütze inzwischen mit Nachhilfeangeboten die Lehrlinge, um schulische Wissenslücken zu schließen. An die Adresse der Kultusminister gerichtet forderte Driftmann: "Beim Thema Schulbildung muss die Zeit der Sonntagsreden vorbei sein."

Von der versprochenen Halbierung der Abgängerzahl ohne Schulabschluss sei man immer noch weit entfernt. "Bildungsstandards dürfen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern müssen von allen Schülern wirklich erreicht werden". Auch lernschwächere Schüler müssten besser gefördert werden. Laut der Umfrage sind Unternehmen heute häufiger als in den Vorjahren bereit, zur Sicherung des eigenen Fachkräftenachwuchses ihre erfolgreichen Lehrlinge in eine Festanstellung zu übernehmen. Fast 60 Prozent planten die Übernahme ihrer Auszubildenden, so Driftmann. Vor zwei Jahren seien dies erst 46 Prozent gewesen.

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